HINTERGRUND: Das Jahr der Rezession

19.01.2009 - Barcelona für Deutsche 

In der Eurozone sind die Aussichten nach einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte durchwachsen. Das exportabhängige Deutschland hat mit einem Auftragsrückgang von 20 Prozent zu kämpfen. Die Binnenkonjunktur bleibt schwach. In ganz Europa stagnieren bzw. sinken die Investitionen. In Spanien steigt die Arbeitslosigkeit rapide, Italien und Griechenland treiben ihre ohnehin enorme Verschuldung in neue Höhen und die Ausnahmeklausel des EU-Stabilitätspakts gewinnt neue Aktualität.

Dennoch kann die Eurozone mit einem stabilen Euro, konsolidierten Banken, einem höheren Strukturreform-Tempo sowie einer auf Innovationen fokussierten Industrie gestärkt aus der Krise hervorgehen. Besonders negativ betroffen ist hingegen Großbritannien: Nach dem Platzen der Immobilienblase ist das Vertrauen der Verbraucher auf einem Tiefpunkt, Unternehmen investieren nicht mehr, die Banken bleiben bei einer restriktiven Kreditpolitik. Kurz gesagt: Hier wird die Situation noch länger angespannt bleiben.

China und Indien: Stärkung des Binnenkonsums notwendig

China als „globale Werkbank“ leidet unter der Weltwirtschaftskrise in der Realwirtschaft viel mehr als im Bankensektor, sodass das Land immerhin über genügend Mittel zur Konjunkturbelebung verfügt. Der weltweite Nachfragerückgang hat hier zu einem Exportminus von 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr geführt, während gleichzeitig die Binnennachfrage weiterhin extrem schwach ist. Durch massive fiskalische Maßnahmen versucht die Regierung nun, diese zu stärken. Denn nur, wenn die Wachstumsrate auch in Zukunft zweistellig ist, lassen sich soziale Unruhen vermeiden.

In Indien hingegen ist gemäß der Studie vor allem der industrielle Sektor betroffen, doch auch der Binnenkonsum hat in den letzten Monaten deutlich nachgelassen und die Banken des Landes misstrauen sich gegenseitig. Die Rupie hat 20 Prozent gegenüber dem US-Dollar verloren, ohne dabei den Export stärken zu können. Auch die Maßnahmen der indischen Regierung werden kurzfristig keine Trendumkehr bewirken können.

Russland: Rohstoffbooms neigt sich dem Ende zu

Der Rückgang der Rohstoffpreise ist das Hauptproblem Russlands. Dazu kommen eine starke Kapitalflucht sowie ein Kollaps der industriellen Produktion im Oktober 2008. Trotz aktueller Rezession, steigender Inflation und eines zu erwartenden Defizits für 2009, werden die Folgen der Krise jedoch nicht so gravierend sein wie jene der Finanzkrise von 1998.

Im Gegensatz dazu droht Japan im kommenden Jahr gemäß Deloitte ein Desaster. Trotz Sparkurses in den vergangenen Jahren sind die Aussichten denkbar schlecht: Die Produktion fällt, die Investitionen bleiben aus, die private Nachfrage ist nahezu auf dem Nullpunkt und die Kreditmärkte sind eingefroren. Auch der Arbeitsmarkt gibt beunruhigende Signale, was das Vertrauen der Verbraucher verstärkt sinken lässt. Für 2009 sagen Experten eine sich vertiefende Deflation voraus – die Preise für Produktionsgüter sollen demnach um bis zu 22 Prozent sinken.

Schwellen- und Entwicklungsländer: Geldflüsse aus dem Ausland versiegen

Besonders hart trifft es Schwellenländer unterschiedlichster Industriealisierungsstufen, darunter Vietnam und Rumänien, aber auch Kambodscha, Äthiopien oder Bangladesch. Nachdem diese zu Jahresbeginn unter hohen Rohstoff- und Nahrungsmittelpreisen litten, kommen nun starke Kredit- und Entwicklungshilfebeschränkungen wie auch stagnierende Auslandsinvestitionen dazu. Gerade hier ist aber die Stabilisierung der ökonomischen Lage Voraussetzung für politische Stabilität, sodass sich die Krise weit über die jeweiligen Landesgrenzen hinaus negativ auswirken kann.

Insgesamt haben vor allem die exportorientierten, international eng verflochtenen Volkswirtschaften noch eine lange Durststrecke zu überwinden, denn ihnen fehlen derzeit die Abnehmer. Ob das aktuelle US-amerikanische Prinzip der unbegrenzten Geldversorgung deshalb auch die gewünschten Früchte trägt, bleibt abzuwarten. Selbst bei einer erfolgreichen Belebung der Wirtschaft ist zu erwarten, dass die Situation der amerikanischen Privathaushalte auch weiterhin kritisch bleibt.

Für Spanien dürfte das ein Vorteil sein, weil das Land global noch nicht so präsent ist. Aber die eigene hausgemachte Krise dürfte das Land über die weltweite Konjunkturflaute hinaus noch beschäftigen.

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