Achtung vor Abzockern!

14.07.2009 - Philipp Dyckerhoff (Pecunia) und Stefanie Claudia Müller (scm-communication.com) 

Spanische Banken müssen sich an andere Zeiten gewöhnen. Nach dem Kreditboom müssen sie nun schauen, wo sie ihre ehemals Milliarden-Einnahmen herbekommen. Am einfachsten ist, beim Privatkunden anzufangen. Waren die Bank-Gebühren bisher schon im europaweiten Vergleich sehr hoch, haben sie inzwischen Rekordniveau erreicht.

In Zeiten, wo es der spanischen Wirtschaft sehr schlecht geht und Millionen bei den Banken mit Hypotheken und Verbraucherkrediten tief in der Kreide stehen, ein fatales Signal. Der spanische Verband der Banknutzer “Ausbanc” reklamierte bereits mehrfach die steigenden Gebühren bei den heimischen Finanzinstituten. Während in Deutschland die Direktbanken seit Jahren etabliert sind, schröpfen die klassischen spanischen Banken ihre Kunden über die Geldautomaten, bei Überweisungen und Fonds und auch bei den Pensionsplänen (planes de pensiones) ab.

Für jeden Kontoauszug, den man anfordert und für Geld, was man zwar im eigenen Netz, aber nicht direkt bei der Bank abholt, muss man inzwischen am spanischen Automaten tüchtig draufzahlen. Zwar wird man vorher gewarnt, wie teuer es werden kann, aber oft braucht man einfach Geld und hat keine Zeit, eine hauseigene Bank zu suchen. Wer 500 Euro im eigenen Netz, also bei Servired oder Telebanco abholt, muss je nach Hausbank bis zu neun Euro dafür zahlen. Bisher waren das die Preise für die Nutzung eines fremden Netzes. Aber auch für die bisher kostenlosen Auszüge muss man inzwischen zwischen 40 und 80 Cents zahlen. Rechnet man zusammen, wie oft man im Jahr an einen fremden Geldautomaten nach dem Rechten auf dem Konto schaut, kann man sich vorstellen, wie hoch die Einnahmen sind für diese eigentlich wenig aufwendige und bisher bei den meisten Banken kostenlosen Dienstleistungen.

Über die steigenden Einnahmen auf diesem Wege wollen die Finanzinstitute jedoch in Krisenzeiten keine Aussagen machen. Klar ist jedoch, dass das Verhalten äußerst unethisch ist. Vor allem, wenn man wie geschehen, extra zur spanischen Postbank wechselt, weil die Kontoführungskosten gratis sind und es plötzlich heißt: Nur wenn man das Gehalt dorthin überweist, können sie diese Kondition beibehalten. Achtung auch vor der agressiven Werbung der Banco Santander und anderer Institute bezüglich gebührenfreier Konten. Hier gibt es viele Haken und viel Kleingedrucktes. Gleiches gilt für die vielfältigen Kreditangebote, die sich beim näheren Hinschauen oft als Luftballons erweisen, da die Risikokontrollen in den Banken angesichts der wachsenden Kreditausfallrate enorm hoch sind.

Die Bank will für gebührenfreie Konto-Führung meist einen Pensionsfonds oder ein Gehalt als Gegenleistung sehen und selbst für einen Dispo-Kredit sind vielfältige Papiere notwendig, es wird dafür ein notariell beglaubigter Vertrag abgeschlossen, der wiederum je nach Bank einen zweistelligen Betrag kostet. Es lohnt sich jetzt mehr denn je in Spanien komplett auf online-Anbieter umzustellen wie open bank oder INGDirect. Auch die BankInter sowie die katalanische Caixa d’Enginyers (auch in anderen Städten Spaniens tätig) scheinen noch sehr gute Konditionen zu haben.

Wer noch eine Adresse in Deutschland hat, kann auch dort ganz einfach bei einer der Direktbanken ein Konto eröffnen. Sehr zu empfehlen sind die ING Diba, die Netbank, die Comdirect. Einen vollständigen Überblick erhält man bei der deutschen Zeitschrift Finanztest, dort wurden in der Ausgabe Juli 2009 Girokonten getestet. Teilweise braucht man noch nicht einmal eine Adresse in Deutschland, um so ein Konto zu eröffnen. Besonders angesagt ist derzeit die Comdirect, gerade bei jungen Berufsanfängern und mobilen Studenten. Mittlerweile bieten auch immer mehr Banken an, mit einer KreditVisakarte kostenlos weltweit Geld abzuheben. Für Leute, die noch Geld oder Einnahmen in Deutschland haben, ein sehr einfacher und günstiger Weg, an Bargeld zu kommen.

Hier auch nochmals der Hinweis, dass es seit einigen Jahren ein europäisches Dekret gibt, das vorschreibt, dass Auslandsüberweisungen innerhalb der EU (bis 50 000 Euro, früher nur 12 500 Euro) nicht mehr kosten dürfen als inlandsüberweisungen. Sollte die spanische Bank dennoch höhere Gebühren abrechnen (kommt leider sehr häufig vor, auch von deutscher Seite nach Spanien), sollte man sich auf jeden Fall beschweren und darauf hinweisen, dass man den Vorgang ggfs. der Banco de España melden würde, das hilft meist! 

Es wäre toll, wenn die Nutzer dieser Seite von ihren Erfahrungen mit Banken vor Ort berichten würden und Tipps geben könnten, wo man am besten sein Geld hinlegt bzw. abhebt.

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