Auf der Suche nach der perfekten Bar zum Barça-Spiel

15.03.2013 - Christine Memminger 

Jubelschreie, Bier und Tapas. Fast so schwer zu bekommen wie eine Eintrittskarte ins Stadion. Der FC Barcelona definiert den Begriff der „vollen Kneipen“ neu. Wer schon einmal versucht hat, den Clásico in einer Bar in Barcelona zu schauen, weiß, wovon ich spreche. Alles voll, alles reserviert oder alles beide. Wenn das Spiel dann auch noch nur im Pay-TV übertragen wird und es sich um starke Gegner in der Champions League oder im Copa del Rey handelt, ist es beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, in eine typische Kneipe zu kommen. Ich habe es in dieser Saison mehrfach versucht – und mich vom Burger bis zum Stammtisch hochgearbeitet.

Der erste Clásico dieser Saison. Ein ganz normales Liga-Spiel. Ich bin keine Fußballfanatikerin, aber wenn der FC Barcelona gegen Real Madrid spielt, dann will ich das doch sehen. Und zwar in Gesellschaft, bei einem Glas Bier und ein paar Tapas in der Innenstadt Barcelonas, im Eixample. Träum weiter! Die einstündige Barsuche mit zwei anderen Deutschen verlief nur teilweise erfolgreich. „Zu voll“, „zu teuer“, „zu kleiner Fernseher“. Am Ende landeten wir in einem amerikanischen Burger Restaurant, wo es zwar eine große Leinwand und Stimmung, aber keine Tapas gab. Immerhin ergatterten wir hier einen Sitzplatz.

Nächster Clásico, Copa del Rey. Leider konnte ich erst eine halbe Stunde vor Spielbeginn zur Suche aufbrechen. Böser Fehler! In der Kneipe nebenan standen die Gäste bereits bis auf die Straße, sangen die Barça-Hymne und lächelten uns mitleidig an, als wir mit sehnsüchtigem Blick vorbeizogen. Eine Ecke weiter sah es noch recht leer aus – aber zu früh gefreut: „Alles reserviert.“ Viele Ecken weiter und fünf Minuten nach Anpfiff mussten wir dann eben wieder Abstriche machen. Wir sahen den Clásico zusammen mit neureichen Schnöseln in einer verdammt teuren Bar. Immerhin auf einer großen Leinwand.

Rückspiel im Copa del Rey. Tiefpunkt meiner Kneipensuche. Wie immer über eine halbe Stunde unterwegs, mit hohen Ansprüchen gestartet und bitter enttäuscht. Nicht mal beim Türken war ein Tisch frei, die neureichen Schnösel hatten ihre Kneipe diesmal gleich als „Privatveranstaltung“ geschlossen. Liegt es daran, dass ich zu hohe Ansprüche habe? Dass ich deutsch bin? Dass sich alle Kneipen gegen mich verschworen haben? Zurück zuhause auf der Couch hatte ich dann selbstgemachte Tapas, Bier und ungestörten Blick auf den Fernseher. Aber keine Stimmung.

Vierter Versuch: Champions League-Rückspiel FC Barcelona gegen AC Milan. Eine Stunde vor Anpfiff gleich in der Bar nebenan ein Volltreffer: Ja, sie haben noch einen Tisch frei, allerdings im Hinterzimmer. Egal, das ist DIE Fankneipe, mit Barça-Trikots an den Wänden und eigenem Fanclub. Wir bestellten Bier und Tapas, ich konnte mein Glück kaum fassen. Sollte mein Traum wahr werden? Nein. Der Fernseher im Hinterzimmer funktionierte so schlecht, dass wir nur durch den Jubel nebenan mitbekamen, dass ein Tor gefallen war. Abgehackte Bilder, kein Ton. Wir wollten uns schon auf den Heimweg machen.

Und plötzlich hatte der Fußballgott doch noch ein Einsehen mit mir. Auf dem Weg zum Ausgang durch den prallvollen Hauptbereich der Kneipe fasste mich ein Opa am Arm. „Wir haben hier noch Plätze frei!“ Und bevor ich mich versah, saßen wir drei Deutsche am Stammtisch in der wohl kultigsten Bar Barcelonas. Bier, Tapas, Jubelschreie. Die Barça-Hymne in Dauerschleife, 70-Jährige Opas als Live-Kommentatoren, einer von ihnen mit einem Megafon. Ich sprang mit ihnen bei jeder Torchance auf, schwang meinen Barça-Schal und grölte die Hymne mit. Noch eine Stunde nach dem Spiel sahen wir zu einem Glas Wein gemeinsam Analysen im Fernsehen und fachsimpelten über mögliche nächste Gegner. Ich bin allerdings vor allem gespannt, wo ich den nächsten Clásico sehen werde. Denn mein Platz am Stammtisch ist noch lange nicht gesichert.

Mein Favorit ist ab jetzt jedenfalls die „Bodega Joan“ in der Calle Rosselló 164, 08036 Barcelona. Wer sich einen Clásico in bester Gesellschaft zu leckeren Tapas ansehen will, der kann es da ja mal versuchen.

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