Die Luft, die uns umgibt

22.04.2014 - Jahn Schlosser 

Es ist unbestritten ein wundervolles Klima in dem wir hier in ‘unserer’ Mediterranen Metropole leben. Barcelona hat einfach genügend Sonnentage, um die Seele mit Glück zu erfüllen. Immer wieder schaute ich mir an milden Sommerabenden die rosa Wolken am Himmel an und freute mich über dieses Naturschauspiel. Nun bin ich allerdings vor 1 1/2 Jahren Vater geworden und plötzlich sehe ich die Welt mit neuen Augen. Der Grund für die rosa Wolken scheint auch in der Luftverschmutzung zu liegen.

Wenn eine Sache mich am meisten interessiert, dann ist dies vor allem die Anzahl der Autos, die uns hier tagtäglich umgeben. In anderen Europäischen Städten kommt es immer wieder zu Fahrverboten und Deutschland hat ja schon vor geraumer Zeit eine Umwelt-Plakette eingeführt. Wie steht es also mit der Luft, die wir hier täglich atmen?

Es ist sehr schwierig hier eine klare Aussage zu machen, da ja vor allem die Messbarkeit des Feinstaubs sehr kompliziert ist. Ich versuche einfach einmal kurz die Situation zu umschreiben. Die Fakten stehen ganz klar gegen unsere Atemluft. Spanien insgesamt hat den Bestand alter Autos in den Jahren der Krise stark ausgeweitet. So sind heute mehr als 50% der Autos älter als 10 Jahre (Quelle). Diese alten Autos spucken nun einmal mehr Partikel in die Atmosphäre als ihre neueren Gegenparts. Dies hat sogar SEAT erkannt und tritt als Sponsor auf für ein Projekt zur Elektrifizierung des Fuhrparks auf (Quelle). Allein der Flughafen Barcelona hatte im Jahr 2012 rund 29 Mio. Passagiere im Jahr (Quelle). Der dadurch verursachte Flugverkehr trägt seinen Teil zur Luftbelastung bei. Im Hafen gab es dazu noch einmal 2,4 Mio. Passagiere (oder 841 Kreuzfahrtschiffe). Gerade diese Schiffe nun weißen einen Besorgnis erregenden Ausstoß von Feinstaubpartikeln auf. So warnte die WHO (Weltgesundheitsorganisation) vor drastisch erhöhten Messwerten nahe der Kreuzfahrtterminals (Quelle: Ökotest 2014/03 S. 33). Unter diesen Vorraussetzungen sind die Meldungen über den Ausbau des Kreuzfahrtterminals in Barcelona durch die Carnival Cooperation für mich in ein ganz anderes Licht gerückt worden. (Quelle1 / Quelle2).

Es scheint also, als ob die Belastung recht hoch ausfallen, bzw. gar ab 2016 noch steigen könnte. Für Barcelona beträgt die Feinstaubbelastung im Jahr 2008 im Durchschnitt 44 Mikrogramm pro m3. (Quelle)

In einer Studie der Fachzeitschrift The Lanzet war zu lesen, das eine Erhöhung der Belastung um durchschnittlich 5 Mikrogramm pro m3 pro Jahr bis zu 7% höhere Sterberisiken verursacht. Der Unterschied von 5 Mikrogramm ist ungefähr damit gleichzusetzen, ob ich nun direkt an der Arago wohne oder eher neben dem Parc de Ciutadella.

Das Feinstaub auch bei Messwerten unter den Europäischen Grenzwerten schädlich ist,bestätigt auch das Deutsche Ärzteblatt. (Artikel)

Nachdem mir diese Faktenlage nun einmal so vorlag habe ich mir zwei Fragen gestellt.

1) Was kann ich tun um mich zu informieren?

Den Feinstaub für ganz Europa im Internet vorhersagen können die Kölner Unis. Dies ist wohl leider nicht ganz genau, aber doch immer mal ein Anhaltspunkt um zu überlegen, ob man zum joggen nicht doch lieber zur Carreterra de los Aigües geht à Link (Wer sonst noch Tipps fürs joggen braucht, einfach kurz ein Mail an mich und wir gehen die Tage mal zusammen los)

Das Caliope System, welches von der spanischen Regierung unterstützt wird, zeigt einem ein genaues Bild zum aktuellen Status der Luftqualität in Spanien. Das hilft bei der Planung des nächsten Picknicks.

2) Was tut der Spanische/Katalanische Staat?

Es gibt hier Pläne, vor allem den Autoverkehr aus der Stadt heraus zu bringen, oder zumindest einzuschränken. Verbote oder Mautgebühren wie in Paris oder London strebt man allerdings aktuell, wohl auch im Hinblick auf die Krise, nicht an. Wer sich weiter informieren will, bekommt hier auf den Seiten der Generalitat mehr Infos.

Mein Fazit ist, dass ich sicher nicht wegen der Feinstaubbelastung dieser wunderschönen Stadt den Rücken kehren werde. Jedoch werde ich es tunlichst vermeiden, entlang der Avenida Diagonal zu joggen. Zudem kann ich nicht mehr ruhig in einem Straßencafe an einer der großen Einfallstraßen sitzen und genüsslich einen Cafe con Leche schlürfen. Ich gehe dann lieber in ein kleines Cafe um die Ecke. Zumindest diese kleinen Einschränkungen sollten ja schon einiges ausmachen.

Autor:
Jahn Schlosser ist Autor des Buches “#BCN - by locals”, mehr Informationen dazu auf der Homepage des Buches: http://www.bcnbylocals.com

Wer sich noch weiter mit dem Thema beschäftigen will, findet auf der Seite der Fundation Roger Tome einen interessanten Artikel in Spanisch.

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