In spanischen Wohnungen muss man immer zweimal hinschauen

11.10.2011 - Katja Heinrich / Madrid für Deutsche 

Ich bin seit nun etwa zwei Monaten in Madrid und habe jetzt eine sehr schöne, saubere WG.
Doch der Weg bis dahin war lang.

Bereits einen Monat vor meiner Anreise durchforstete ich zahlreiche Immobilienseiten. Ich wollte mir so den Stress mit der Wohungssuche vor Ort ersparen – dachte ich zumindestens.
Schockierend für mich waren die hohen Mietpreise. Im Vergleich zu meiner Heimatstadt Berlin, kosten hier die Zimmer fast doppelt so viel. Doch nichtsdestotrotz stellte ich mich auf das spanische Preisniveau ein und setzte mir ein Limit von maximal 375 Euro.
Nach wochenlangem Suchen, Anschreiben und Skypetelefonaten hatte ich dann ein WG Zimmer in Pinar de Chamartin gefunden und war glücklich.
Als ich hier ankam, holte mich mein Vermieter sogar vom Flughafen ab und brachte mich zu unserer Wohnung. Alles war wie beschrieben und die Wohnung versprach das, was ich mir zuvor per Skype anschauen durfte. Doch das war es nur auf den ersten Blick.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte und mir aus meinem Küchenfach Cornflakes holen wollte, begrüsste mich eine Kakerlake. Machte ich die nächste Schranktür auf, kamen mir zwei Weitere entgegen. Da meine Mitbewohner mich sehr herzlich empfangen hatten und die Atmosphäre untereinander sehr angenehm war, redete ich mir ein : “Das sind ja nu ein paar Kakerlaken…”.
Doch der Schein trügt. Wer sich schon einmal mit den 'Cucarachas' beschäftigt hat, weiss, dass diese sehr gern gerade bei Nacht aus Ihren Verstecken kommen. Und dies durfte ich zu spüren bekommen. Als ich in der Nacht nach Hause kam, traf mich der Schlag. Der gefühlte komplette Boden der Küche war überfüllt mit Kakerlaken, welche aber innerhalb von 5 Sekunden in ihre Löcher und Ecken verschwanden, nachdem ich das Licht anschaltete.
Die Entscheidung, mir eine neue Wohnung zu suchen fiel dann, nachdem ich am Morgen meine Zähne putzen wollte und es sich eine dieser Kakalaken auf meiner Zahnpasta gemütlich gemacht hatte.
Ich setzte ich mich sofort an meinen Laptop und schrieb verzweifelt alle potentiellen Wohungsannouncen an. Die Wohnungen, die ich dann besichtigen durfte, waren sehr ernüchternd. Ich durfte feststellen, dass die Wohnungen in Madrid grundsätzlich nicht die saubersten sind. Nachdem ich mir sieben WG-Zimmer angeschaut hatte, gab ich fast auf.

In den kommenden zwei Wochen bekam ich dann Besuch aus Deutschland und dieser durfte ebenfalls Bekanntschaft mit meinen netten kleinen Mitbewohnern machen. Am Morgen wachte meine Freundin, welche auf dem Boden auf einer Matratze schlief, mit einer Kakerlake auf. Diese spazierte ganz gemütlich neben ihrem Schlafplatz entlang.
Dies motivierte mich nun wieder, trotz der familiären Stimmung untereinander, nochmals nach Wohnungen zu schauen. In dieser Zeit litten auch meine Handykosten – ganze drei Handykarten musste ich mir kaufen. Nach der zehnten Wohung graute es mir, eine weitere anzurufen. Als Neuling konnte ich natürlich kein perfektes Spanisch. Dies erschwerte es erheblich, Besichtigungstermine auszumachen. Denn durchs Telefon versteht man die Spanier noch schlechter, als man sie schon ohnehin in einem Gespräch kaum versteht. In der zweiten Woche kam ich dann mit meiner Freundin mitten in der Nacht nach Hause. Es war 5 Uhr morgens – wir wollten einfach nur schlafen gehen. Doch an meiner Zimmerwand lief mal wieder eine Kakerlaken entlang. Bis dahin war ich eigentlich der Meinung, dass die Viecher sich nur auf dem Boden aufhalten. Doch das war wohl ein Irrtum. Zusammen mit meinem Besuch schliefen wir dann im Wohnzimmer auf der Couch.

Nachdem ich mir drei Tage später mal wieder eine Wohnung angeschaut hatte, welche mitten zur Hauptstrasse gelegen war und man somit in der Nacht kein Auge zu tun könnte, ging ich sehr desinteressiert zu einem weiteren Termin. Ich dachte mir: “Okay, da sie gleich um die Ecke liegt, kannst du sie dir ja mal anschauen.”
In der Announce sah die Wohnung nicht vielversprechend aus. Die reingestellten Bilder waren schief, dunkel und nicht gerade einladend. Zudem befand sich dieses Haus wie das andere zuvor ebenfalls an einer Hauptstrasse.
Doch zu meinem Glück empfing mich eine sehr nette Brasilianerin. Das Wohnzimmer strahlte mich sofort an – weisse Möbel mit darauf abgestimmten blauen Accessoires. In die Küche reingekommen, empfängt mich ein weiteres Lächeln. Keine Kakerlaken, kein Dreck, alles sauber. Die Zimmer verliefen alle zum Innenhof, sodass man dem vermuteten Strassenlärm nicht ausgesetzt war. Die Wohnung sagte mir sofort zu - und ich tat es auch - zusagen! Ich denke, sie ist eine der saubersten Wohnungen, die man in Madrid bekommen kann. Ich war glücklich - und bin es immer noch.

Tja und was lehrt uns die Geschicht? Schau immer zweimal hin!

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