Katalanisch und Spanisch

04.02.2010 - Clementine Kügler - Übersetzerin 

Die Verschärfung des katalanischen Kinogesetzes verlangt, dass die Hälfte aller Kopien, die in die Kinos kommen, Katalanisch synchronisiert wird (die andere Hälfte auf Spanisch), wo man doch eigentlich dafür plädiert, dass die Filme in Originalversion das Fremd-Sprachenverständnis erheblich verbessern würden. Das neue Gesetz für den Handel, sieht Strafen von bis zu 100 000 Euro oder sogar die vorübergehende Schließung des Geschäfts vor, wenn nicht katalanisch ausgeschildert wird oder der Kassenbon auf Katalanisch ist. Die beiden linguistischen Verschärfungen liegen dem Parlament zur Verabschiedung vor.

Der spanische Ärztemangel kann zu ernsten Problemen führen. Die Zahl der in Frage kommenden Mediziner noch dadurch einzuschränken, weil bestimmte Regionen die Regionalsprache zur Bedingung machen, hilft nicht, das Problem zu lindern. Die Zulassung zum Studium von Katalanisch-Sprachtests an den katalanischen Universitäten abhängig zu machen, an denen über 70 Prozent der Medizin-Studenten nicht aus Katalonien kommen, wird von der Partei ERC gefordert.

Die öffentlichen Schulen bieten nur auf persönliche Bitte der Eltern die Möglichkeit, dass ihre Kinder das erste Schuljahr auf Spanisch unterrichtet werden (atención individualizada). Die Sprach- und Kulturpolitik der katalanischen Regionalregierung geht immer mehr in die Richtung nur Katalanisch und nicht Spanisch, statt Katalanisch und Spanisch, obwohl die Zweisprachigkeit in der Verfassung verankert ist. Und gerade Barcelona ist doch eine kosmopolitische Stadt, die wegen ihrer Offenheit und ihres internationalen Flairs beliebt ist. 300 000 Ausländer leben in der katalanischen Hauptstadt, seit der Olympiade 1992 hat sich die Zahl der in Barcelona lebenden Ausländer verzwölffacht. Hinzu kommen die vielen spanischen Zuwanderer, die nicht in Katalonien geboren wurden, aber hier seit Jahrzehnten leben. Und auf dem Land und an der Küste…

Und wenn man ohne Katalanischkenntnisse die Stadt besucht, gibt es überhaupt keine Probleme. Wenn man einen Laden, ein Amt oder eine Arztpraxis betritt und katalanisch oder spanisch grüßt, dann wird einem in den allermeisten Fällen auch in der Sprache geantwortet. Das gebiete die Höflichkeit, sagte mir eine Angestellte, als ich sie fragte, wie sie das denn handhaben, noch dazu mit so viel Ausländern, die sich oft bemüht haben, die Sprache ihres Gastlandes zu erlernen und da meinten, mit Spanisch können sie ja nicht falsch liegen.

So ist das: die Höflichkeit, der Umgang gebietet, aber doch kein Gesetz, kein Zwang, bitte. Es kann keinen Sinn machen, eine Minderheitssprache künstlich und gesetzlich aufzubauschen. Jeder, der über familiäre oder kulturelle Wurzeln Interesse hat, Katalanisch zu sprechen, zu lernen, zu leben, der soll das tun können, aber doch nicht, indem man eine Sprache, die 400 Millionen Menschen sprechen, offiziell versucht, in den Hintergrund zu schieben.

Die Sprache lebt doch, wird gesprochen, wird von vielen Zuwanderern erlernt, weil das die Integration so mit sich bringt, die auf Katalanisch geschriebene Literatur boomt, wo ist denn das Problem? Eine Sprache per Zwang durchzusetzen, empfinden manche Leserbriefschreiber als umgekehrte Politik der Franco-Zeit: damals sollte nur Spanisch gesprochen werden, jetzt nur Katalanisch. Und ausgerechnet die Institution zur Verteidigung der katalanischen Sprache, das Observatori de la Llengua Catalana (OLC), schickt alle Informationen und Pressemitteilungen auf Englisch. Warum wohl?

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