Paella, Stierkampf und Flamenco

24.01.2011 - Paola Mangone - Anglizistin  

Wir erinnern uns sicherlich alle noch an das vor einigen Jahren so populäre Buch Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken (Originaltitel: Why Men Don't Listen and Women Can't Read Maps), welches einen amüsanten, wenn auch nicht wirklich wissenschaftlich fundierten, Blick auf die kleinen, aber bedeutsamen Unterschiede zwischen Mann und Frau wirft. Doch nicht nur zwischen den Geschlechtern finden sich gewisse Vorurteile oder Rollenklischees. Das Gleiche gilt für verschiedene Länder und verschiedene Kulturen.

Was also ist typisch für Spanien? Ist es das Essen? Der Stierkampf? Flamenco? Wahrscheinlich haben wir alle so unsere Vorstellungen und Vorurteile, bevor wir in ein neues Land kommen - sei es zum Urlaub, oder auch zum Arbeiten und Leben.

Was waren nun also meine Erwartungen? Auf jeden Fall einmal viel Sonne, schließlich wirbt nicht umsonst jedes Reisebüro damit, dass in Spanien immer die Sonne scheint. Ich erwartete eine gewisse Offenheit der Spanier gegenüber anderen, dass es leicht sein würde neue Leute kennen zulernen.

Wenn man einmal über das Klischee des Spaniers nachdenkt, taucht sofort das Bild eines südländischen Don Juan auf. Vielleicht denken wir auch an eine Art Zorro, der kämpfend und tanzend Frauenherzen höherschlagen läßt. Die typische Spanierin stellen wir uns als eine temperamentvolle, rassige Schönheit vor.

Natürlich sind diese Klischees meist total überzogen. Nicht jeder Spanier ist romantisch veranlagt, und nicht jede Spanierin ist unbedingt ein Hingucker. Klischees dienen dazu Unterschiede zu verdeutlichen, und uns von anderen Abzugrenzen. Ich glaube nicht, dass es den typischen Spanier gibt oder den typischen Deutschen.

Doch es ist mir hier auch bewußt geworden, dass es durchaus Unterschiede gibt. Wir Deutschen sind direkter, wir sprechen aus, was wir denken. Wir achten mehr auf unsere Umwelt, und unsere Mitmenschen, und ich denke, dass wir generell lockerer mit unseren Traditionen und Gebräuchen umgehen. Wir nehmen es nicht gleich persönlich, wenn sich zur Neujahrsfeier einer nicht am Bleigiessen beteiligt, oder wenn nicht jeder zu Sankt Martin mit einer Laterne durch die Gegend rennt. Doch alles hat natürlich seine Vor-und Nachteile. Während wir Deutschen unser „Auf-andere-achten“ oft soweit treiben, dass wir meinen jeden belehren zu müssen, habe ich mich hier in Spanien oft als „Spanierin in Ausbildung“ gefühlt.

Schlußendlich macht jeder seine ganz eigenen Erfahrungen. Das Positivste für mich hier in Spanien, war die Freundlichkeit der Menschen, ihre Warmherzigkeit und ihre Hilfsbereitschaft. Manchmal hätte ich mir eine größere Aufgeschlossenheit gegenüber anderen Sprachen und Kulturen gewünscht, ein größeres Interesse für das, was „anders“ ist. Denn profitieren wir nicht alle von einem gegenseitigen Kennenlernen und Austausch?

Nach circa 5 Monaten habe ich die Spanier und ihr Land lieben gelernt, doch auch Deutschland ist mir hier mehr ans Herz gewachsen. Werde ich wiederkommen? Ganz bestimmt.

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