Spanien ist besser als Liechtenstein

03.03.2008 - Stefanie Claudia Müller - scm-communication 

 Es ist unglaublich, aber wahr: Spanien wird jetzt auch in Liechtenstein nach Steuerhinterziehern aus dem eigenen Land fahnden. Das Geld können sie sich eigentlich sparen und erst einmal vor der eigenen Haustür kehren. In Spanien braucht man nämlich gar nicht so weit zu fahren, um sein Geld illegal zu parken oder bzw. am Fiskus vorbei zu wirtschaften. 

Erfolgreicher wäre die Fahndung für den Fiskus wahrscheinlich, wenn sie mal konsequent das eigenen Land durchkämmen würde, bei Notarbüros, Rechtsanwälten, Immobilienmaklern und nicht zuletzt den Banken aufräumen würde. Hier ist es immer noch normal, beim Häuserkauf Geld A (offizieller Preis) und Geld B (Restbetrag zum wirklichen Preis) über bzw. unter den Tisch zu schieben. Nachher will keiner was gewußt oder gesehen haben. Der Notar geht bei dem krummen Geschäft mal eben eine rauchen.. 

Auch Gehälter werden teilweise, auch von größeren Unternehmen, immer noch in schwarz ausgezahlt, Mieten werden nicht deklariert und Handwerks- und Haushaltsdienstleistungen.., da sprechen wir am Besten besser gar nicht davon. Hundertausende von illegal Beschäftigten halten das Rad am laufen, der Fiskus sieht von dieser Beschäftigung keinen Pfennig. Ist eigentlich sehr verwunderlich, dass Spanien trotzdem seit Jahren einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet. Da wären wir wieder bei einem anderen Thema: Kann man den Regierungsstatistiken überhaupt noch glauben? Das aber mal in einem anderen Blog. 
 
Die Schattenwirtschaft beträgt in Spanien seit vielen Jahren rund 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, vor Aznar und Zapatero war der Anteil noch höher. Das ist fast vier mal soviel Steuerhinterzug wie in Spanien. Die aktuelle spanische Regierung wollte den Betrügern bei ihrem Antritt 2004 den Garaus machen, aber alle Versuche ersticken immer wieder, weil zu viele eigenen Interesse dranhängen. Zwar haben die Sozialisten die Gesetzgebung verschärft, aber nicht die Kontrollen. Kein Wunder: Viele der eigenen Bürgermeister haben Geld veruntreut oder bei schwarzen Baugeschäften mitkassiert. Das gilt übrigens auch für die illegal Beschäftigten. Wenn man diese wirklich nicht im Land haben wollte, bräuchte man nur mal die Restaurants und Baustellen zu durchforsten. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Hier gibt es weder Weg noch Wille.
 
Denn für viele Spanier ist Steuerhinterziehung immer noch ein Kavaliersdelikt, auch wenn diese im großen Stil praktiziert wird. Ich kenne einen Fall, wo ein kleineres Madrider Unternehmen mehrere Häuser schwarz vermietet und das schon seit Jahren und zu einem Preis, der nur wenig unter dem A-Preis liegen dürfte. Auf solche Schwarzmieten werden sogar Bankgarantien gemacht, ohne dass das miese Geschäft auffliegt. Die Margen, welche die Besitzer bei einer solchen Handhabung einkassieren, will man gar nicht wissen, sonst wird einem schwindelig vor Hass. Denn bei der Infrastruktur von Krankenhäusern, Sozialleistungen und Umweltschutz fehlt Spanien vielerorts immer noch das Geld ----natürlich auch der Wille. 

Manchmal fragt man sich das schon, ob man nicht in einer Bananenrepublik wohnt. Da werden zwei Riesen-Betrüger, los Albertos – die Unternehmer Alberto Cortina und Alberto Alcocer - gerade von dem Eintritt ins Gefängnis freigesprochen, obwohl sie nachweislich ein großes Betrugs- und Schwarzgeldgeschäft abgewickelt haben.  Dafür wird bei den normalen Steuerzahlern sogar per Bankeinzug das Geld für die nicht gezahlten Strafzettel eingeholt. Während in Deutschland der Fall Zumwinkel eine große Abschreckung ausgelöst hat, hat in Spanien die Geschichte der Albertos nur einen Effekt: Viele Menschen fühlen sich in ihren Vorurteilen gegenüber der Wirtschaftselite bestätigt: „Hier in Spanien kommen nur die Dummen wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis und die sind meistens arm“, sagt José Luis von meiner Poststelle, als er mir wieder eine Mitteilung vom Finanzamt in die Hand drückt. Recht hat er. Ich mach den Brief drauf und was steht drin: Man hat mich erwischt, ich habe einen Verkehs-Strafzettel wegen falschem Parken nicht bezahlt. Brav gehe ich zur Bank und begleiche die Schulden. 

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