Spanische Fernsehkultur

29.03.2010 - Stefanie Claudia Müller - scm communication 

Viele Deutsche in Spanien verzichten komplett auf die spanische Fernsehkultur und verlassen sich auf ihre Satelitenschüssel, obwohl daraus auch nicht immer die besten Signale kommen. Sender wie RTL und SAT1, VOX und Kabel1 bieten genauso viel Schund wie das spanische Fernsehen.

Aber die öffentlichen deutschen Sender sind ohne Zweifel besser als Televisón Española und auch kinderfreundlicher. Es gibt in Deutschland einen Bildungsauftrag und schon seit jeher wenig Werbung im Staatsfernsehen. Es gibt viele eigene Filmproduktionen und weniger US-Formate. Was im Vergleich auffällt: Unser Fernsehen ist weniger politisiert, es wird nicht von den Parteien auf diese Weise missbraucht, wie das hier mit den Medien passiert. Es war an der 'Zeit, dass die jetzige Linksregierung das werbefreie Staatsfernsehen einführt. Hoffen wir, dass die Qualität dadurch noch besser wird.

Was mich grundsätzlich immer wieder stört am spanischen Fernsehen, sind vor allem die leichtbekleideten und aufgetakelten Frauen; Frauen, die man auf der Straße so gar nicht sieht. Man fragt sich, warum wird ein solches Bild von den Massenmedien vermittelt? Von Moderatorinnen bis hin zu Schauspielerinnen, fast alle bestechen mehr durch ihr gestyltes Aussehen, operierte Brüste und gefärbte Haare als durch das, was sie sagen. Es scheint je sexier, desto besser. Was da gesagt wird bei politische Debatten, Talk-Runden oder Interviews, scheint fast egal. Dabei gibt es so viele intelligente Frauen in Spanien, die was zu sagen hätten. Wo werden sie versteckt?

Ebenfalls unerträglich ist für mich die Gewalt, die im öffentlichen spanischen Fernsehen schon in den Nachrichten auftaucht, und ein Bild vermittelt, als würden überall Frauen verprügelt oder an jeder Ecke jemand brutalst überfallen. Und diese Bilder laufen ja überall nebenher, in den Restaurants und Bars, in Warteräumen von Ärzten oder im Hotel.

Aber: Hier gibt es Ausnahmen. Ebenfalls zu empfehlen: ´"Los desayunos de TVE1", wochentags um 9 Uhr. Hierbei handelt es sich um Interviews mit Personen der Aktualität, es wird in die Tiefe gegangen und meist nicht politisiert.

In Sachen Unterhaltung kann ich Gran Wyoming empfehlen, mit richtigem Namen José Miguel Monzón Navarro - einer der für mich wenigen Intellektuellen im spanischen Fernsehen. Zwar weiß man auch bei ihm schnell, auf welcher politischen Seite er steht, aber er schießt auch gegen die eigene Ideologie, er nimmt sein Volk und seine Doppelmoral mit sehr viel spitzem Humor auf die Schippe. Der 54-Jährige brilliert jeden abend mit intelligenter weiblicher Verstärkung in "El Intermedio" (Sexta), der Erfolgsschlager "Caiga quien caiga" (Telecinco) wurde leider abgesetzt ; wegen zu starker Kritik an der damaligen rechten Aznar-Regierung, so heißt es.

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