Spanisches Fernsehen hat seine guten Sendungen

19.11.2007 - Clementine Kügler - Übersetzerin 

Fernsehen ist in sich ein Medium, das Kontinente alphabetisieren und eine wirkliche Aufklärung hätte bewirken können, uns statt dessen aber glauben macht, dass Autos fliegen können und Ariel weiße Wäsche weißer wäscht. Vielleicht schafft ja das Internet, was das Fernsehen versäumt hat: ein verlässliches weitverbreitetes Informationsforum zu sein.Klar ist, dass Fernsehen von uns allen zur Entspannung und Information genutzt wird. Die wenigsten - ich kenne zwei Personen - verzichten auf den Apparat. Viele schimpfen über das spanische Fernsehen, aber man kann durchaus etwas daraus machen. Bei uns steht Fernseher in der Küche, was dank der Werbepausen zumindest zu sauberem Geschirr führt.Eine Freundin meinte außerdem, Fernsehen mache intelligent, da auch das Nachdenken über oder Protestieren gegen Schrott anregend sein könne. Sie stört die schlechte Qualität nicht so sehr wie viele andere, die alle möglichen Verbrechen auf den TV-Konsum zurückführen. Wenn die vielen Gewaltszenen, denen spanische Kinder im Fernsehen ausgesetzt sind, weil ihre Eltern gar nicht wissen, was sie sehen, wirklich emotionelle Konsequenzen hinterließe, dann müssten doch schon einige Generationen merklich verrückter sein.Eins ist klar: Fernsehen hilft, die Sprache zu lernen. Diesem Zweck dienen ebenso synchronisierte US-Serien wie El coche fantástico (1986) oder heute House und natürlich alle möglichen spanischen Programme. Die Nachrichten sind oft drastischer bebildert als in ARD und ZDF, mehr Richtung CNN+, und besonders bei Telemadrid und Antena 3 auf sensationalistische Meldungen ausgerichtet. Aber man lernt viel über die Ausdrucksweise in den verschiedenen Regionen und Provinzen durch die Statements, warum Nachbar X schon immer wusste, dass Nachbarin Y ermordet werden würde.In letzter Zeit senden TVE1, Antena 3,Tele 5 und Cuatro die Nachrichten zur selben Zeit, Cuatro kündigt sie eine halbe Stunde früher an, bringt dann aber die ersten 30 Minuten Sport. Telemadrid ist als einziger Sender mittags und abends wirklich früher.Für fortgeschrittene Kenner der Sprache empfehlen sich die Gesprächsrunden (Tertulias). Sie sind gewöhnungsbedürftig, weil oftmals alle Teilnehmer gleichzeitig reden - man kann sich das ein paarmal ansehen und dann im Freundeskreis ausprobieren: man kann wirklich viele Sekunden lang gleichzeitig reden, bevor irgend jemand Einhalt gebietet.Ein paar Programme möchte ich hier empfehlen: Informe Semanal (TVE1 Samstag 21.45 bis 22.30 Uhr) in vier oder fünf Reportagen werden aktuelle Themen behandelt. Documentos TV (La2, Dienstag 21.30 Uhr) zeigt eine gründlich recherchierte Reportage über nationales oder internationales Thema. En Portada (La2, Sonntag 21.25 Uhr) aktuelle 45-minütige Reportage über internationales Thema, soll alternieren mit Crónicas zu spanischen Themen, das aber nach einer Reportage über Homeschooling in Spanien momentan von der Bildfläche verschwunden ist.Vía Verde (Sonntag, La2, 21 Uhr) gibt es gerade nicht, ist aber ein interessantes Programm über die alten Bahnstrecken, die inzwischen als Spazier- oder Fahrradwege durch ganz Spanien führen. Die Dokumentarserien in La2 zeigen Länder und Leute aller Erdteile, nicht immer aktuell, aber durchaus sehenswert.Días de Cine ist leider in die späte Nacht gerückt, aber ein gutes Programm über Kino und Filmfestivals, das Antonio Gasset eigenwillig und intelligent kommentiert (La2, Donnerstag nach Mitternacht). Ebenso geht es Punset mit seiner Sendung Redes, in der sehr interessante Themen aus Wissenschaft und Kultur angesprochen werden, die aber sonntags gegen 1 Uhr nachts schlichtweg untergehen.Vielleicht setzt jemand die Liste fort...

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