Wahlrecht

01.08.2013 - Elke Gänsinger 

Demokratie, stammt aus dem griechischen demos = Volk und kratia = Herrschaft; demnach ein politisches System basierend auf der Herrschaft des Volkes. Diese Herrschaft des Volkes beruht in allererster Linie auf dessen Recht, anhand von Wahlen, selbst zu bestimmen, wer an der Spitze dieses Volkes steht und die führende Rolle übernimmt.

Somit begründet ist die Teilnahme an Wahlen für jeden Bürger einer Demokratie nicht nur ein fundamentals Recht, sondern gleichzeitig seine Pflicht, da ohne die Stimme des Volkes, dieses führungslos bleibt oder einigen wenigen Machthungrigen die Möglichkeit gibt, undemokratisch über das Schicksaal des Staates zu verfügen.

Meine Erziehung und meine nach und nach gewachsene politische Einstellung haben mich seit meiner Jugend zu der Überzeugung gebracht, dass eine der Aufgaben und herausragenden Rechte eines mündigen Bürger die Ausübung seines Wahlrechtes ist. Wenn es auch manchmal gar nicht so leicht war, die richtige Entscheidung zu treffen und mir oft auch Zweifel aufkamen, ob mein Kreuzchen an der richtigen Stelle war, habe ich seit meinem 18. Lebensjahr an jeder Bundestagswahl teilgenommen, weil ich das für richtig und wichtig erachtete. Auch mein Auswandern nach Spanien hat daran nichts geändert. Per Briefwahl nahm ich alle 4 Jahre an den Wahlen teil und übte mein demokratisches Recht aus.

Dies hat jetzt ein Ende. Laut Webseite des Bundeswahlleiters hat man nun beschlossen, dass alle Bundesbürger, welche länger als 25 Jahre ausserhalb der Bundesrepublik Deutschland residieren und in dieser Zeit nicht mindestens 3 Monate lang nachweisbar (Mietvertrag, Arbeitsvertrag etc.) einen Wohnsitz in Deutschland innehatten, von den Bundestagswahlen in Deutschland ausgeschlossen sind. Meinen Antrag auf Eintrag in das Wahlregister in meiner Heimatgemeinde mit angehängter Liste von Gründen, aus welchen ich noch Bezug zu meinem Heimatland habe und wählen möchte, lehnte man rundweg ab.

Für manche mag das eher unwichtig oder nebensächlich erscheinen. Ich, dagegen, fühle mich amputiert. Amputiert als freier EU-Bürger und meiner demokratischen Rechte beraubt. Verständnis für die Begründung, dass ich nach so langer Zeit der deutschen Politikszene entrückt bin, kann ich eventuell noch aufbringen, aber dann wäre es nur logisch, dass ich anstatt dessen in meinem langjährigen Residenzland Spanien wählen könnte. Wie oft hatte ich nicht schon gedacht, wie gut es wäre, dass ich in Spanien wählen dürfte. Und: natürlich ist es logischer, da zu wählen, wo einem die Landespolitik direkt betrifft. Da dies aber nicht möglich war, habe ich wenigstens auf die Distanz in meinem Heimatland mein Wahlrecht ausgeübt.

Ich frage mich nun, wozu EUROPA denn nun wirklich da ist. Was hat man in all diesen Jahren aus dieser grossartigen Idee “Europa” gemacht? Sind wir überhaupt einen Schritt weiter gekommen, oder gehen wir in der Sache “Europa” langsam wieder rückwärts? Was hindert die Mitglieder der europäischen Staaten daran, die Residenten anderer EU-Länder an den Wahlen in ihrem jeweiligen Residenzland teilnehmen zu lassen? Es ist nicht nur ein logischer, sondern auch ein vollkommen pragmatischer und nötiger Ansatz, in dieser Richtung etwas zu unternehmen.

Bis es dahin kommt, muss ich mich damit zufrieden geben, den Bürgermeister unseres kleinen Dorfes am Rande der Grossstadt Madrid wählen zu dürfen. Ach ja, an den Wahlen für das Europaparlament darf ich auch teilnehmen. Aber damit hat sichs.
Jaaaa, mag da ein mancher sagen, warum nimmst Du denn nicht die spanische Staatsbürgerschaft an? Meine Antwort darauf mag patriotisch klingen, aber ich möchte nun einmal gern weiterhin Deutsche sein, meine Nationalität beibehalten. Bin da schon etwas eigen in dieser Hinsicht. Habe mich selbstverständlich auch dahingehend informiert und überrascht festgestellt, dass Deutschland nunmehr jede andere EU-Staatsbürgerschaft neben der ihrigen anerkennt. Habe mich danach auf den entsprechenden Seiten des spanischen Innen- und auch des Justizministeriums schlau gemacht und wurde herbe enttäuscht. Laut Justizministerium erlaubt Spanien die doppelte Staatsbürgerschaft nur Bürgern südamerikanischer Herkunft, aus den Philippinen sowie Bürgern aus Guinea Ecuatorial. Alle anderen Staatsbürgerschaften werden neben der spanischen nicht geduldet und werden bei Annahme der spanischen Staatsbürgerschaft als nichtig erklärt. Bummms, da haben wirs mal wieder: Europa wie es leibt und lebt. Kein weiterer Kommentar mehr nötig.

Ich bin überzeugt, dass ich nicht die EInzige bin, die davon betroffen ist, und auch nicht die Einzige, die sich darüber empört. Ich habe keine Ahnung, ob es eine offizielle Möglichkeit gibt, gegen diese Beraubung demokratischer Rechte Einspruch einzulegen, oder ob es vielleicht sogar schon eine Unterschriftenliste Betroffener gibt. Wer in dieser Hinsicht Informationen hat, dem wäre ich dankbar für seinen Kommentar und/oder Kontakt.

Steinbrück und Merkel können dieses Mal beruhigt sein: meine Stimme bekommen sie nicht, weder der Eine, noch der Andere.

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