Ferienzeit - Besuch in Deutschland geplant? Vorsicht! Die Bahn kann teuer werden

11.07.2016 - Rafa Heberling 

Die Ferienzeit vor der Tür, da wird der Eine oder Andere der in Spanien lebenden Deutschen auf die Idee kommen, die Familie und Freunde in Deutschland zu besuchen.

 

Doch in Deutschland hat sich eine Menge verändert. Das Image, das wir besonders in Spanien pflegen (Deutschland: Vorsprung durch Technik) bröckelt in der Realität schon lange. Internet? Ja, gibt es; nominell mit zauberaften up- und Downloadgeschwindigkeiten, die kaum einem Test standhalten. Wifi (in Deutschland :WLAN) wenn, dann so sicher, dass es kaum funktioniert und wenn dann nur im privaten Raum. Köln ist jetzt stolz, im einstelligen Bereich öffentliche WLAN um den Dom zu präsentieren, während Barcelona seit Jahren (wenn auch von Madrid gedrosselte) 3.400 Zugänge, das „Barcelona wifi“, anbietet.

 

Der wohl grausamste Imageverlust Deutschlands ist wohl bei der Deutschen Bahn zu finden. Etwa drei Mal so teuer wie die spanischen Bahnen, sollte man sie besser nur benutzen, wenn man viel Zeit hat und keine Anschluss-Verbindung braucht. Sonst wird es teuer:

 

Jasmin (Name geändert), Krankenpflegerin in der Intensivmedizin am Ortenau-Klinikum in Lahr im Schwarzwald verlässt am 6. 6. 2016 um 7.00 Uhr nach der achten 12-Stunden Nachtschicht die Station und freut sich auf ihren wohlverdienten Urlaub in Barcelona. Um 9.18 Uhr geht ihr Regionalzug. Einmal umsteigen in Freiburg und dann ab in den Flieger ab Basel nach Barcelona. Mal ein bisschen Stadt und Meer dem oft grausamen Alltag in der winzigen Idylle des Schwarzwaldes entgegensetzen, um wieder Kraft zu schöpfen für ihren Job. Also gerade mal Zeit zum Umziehen. Der Koffer wartet ja bereits gepackt.

 

Die Regionalbahn ist pünktlich. In Freiburg an Gleis 4 angekommen, wartet sie vergeblich auf den ICE, den Vorzeige-Hochgeschwindigkeitszug der Deutschen Bahn. Doch der kommt nicht. Um 10.07 Uhr sollte er auf Gleis 4 abfahren und um 10.47 in Basel sein. Stattdessen kommt um 10:18 Uhr der Hinweis auf eine 30 minütige Verspätung. Zu spät, um noch pünktlich am Flughafen anzukommen. Aber noch schlimmer: der Halt in Basel wurde kurzfristig wegen der Verspätung gestrichen.  OK. Raus an den Flughafenbus Freiburg-Europaflughafen BSL. „Schön“: der ist gerade vor der Ankündigung am Bahnsteig losgefahren. Nächste Verbindung sowohl mit Bus, als auch mit Bahn erst in mehr als einer Stunde. Verzweifelte Lösung: Taxi; Mehrkosten: 160, 80 Euro. Danke, Bahn.

 

Szenenwechsel: ein paar Tage später fliegt sie von Barcelona nach Köln, um dort zum Abschluss ihres Urlaubes den runden Geburtstag eines Freundes mitzufeiern. Sonntags geht es dann wieder zurück zum „Nachtleben“ bei den künstlich beatmeten Patienten. Die Bahn wollte 127 Euro für die Fahrt. Nach den Erlebnissen zu Beginn des Urlaubs entscheidet Jasmin sich für den Bus von Leverkusen nach Freiburg für nur 23 Euro. Aber man muss nach dem Innenstadtverbot für Fernbusse in Köln doch noch mit der Bahn nach Leverkusen. Eigentlich maximal eine Reise von 15 Minuten.Sicherheitshalber startet Jasmin eine Stunde früher. Immerhin fährt der Regionalzug pünktlich in den Kölner Hauptbahnhof. Deutz, Mühlheim... und hier bleibt er einfach stehen. Nach 10 Minuten die erste Durchsage „wegen Störungen im Betriebsablauf verzögert sich unsere Weiterfahrt um wenige Minuten“.  Diese Ansage wiederholt sich. Diesmal verzögern sich diese „einige Minuten“ aber schon über eine halbe Stunde. rechts und links rauschen die Züge nur so vorbei (also ist die Strecke an sich frei), dennoch bleibt der Zug im Bahnhof.  Jetzt wird es langsam eng: im Gegensatz zur Deutschen Bahn verkehren die Busse nämlich pünktlich.

 

Raus aus dem Zug, kurz noch den Zugführer durch das offene Fenster gefragt, wann es denn weiter ginge (Antwort: „uns sagt auch keiner was, keine Ahnung“) kurzentschlossen wieder ins Taxi von Köln-Mühlheim nach Leverkusen-Mitte. Mehrkosten: 25 Euro. Danke, Bahn.

 

Nur unglückliche Zufälle? Nein. Wenn man den katalanischen Freunden, die mit Streiks und überfüllte Zügen auch ein Lied zu pfeifen haben, erzählt, dass es sogar Smartphone-Apps in Deutschland gibt, die die Verspätungen „mehr oder weniger“ ankündigt (die Bahn empfindet allerdings 10 Minuten Verspätung noch als pünktlich!), glauben sie es erst, wenn man sie ihnen vorführt. „Doch nicht in Deutschland...“. Tia, selbst die Straßen in Deutschland sind auch inzwischen nicht mehr das, was sie mal waren.

 

Mal sehen, wie die Deutsche Bahn reagiert.

 

Herr Maschauer, der im Auftrag des Pressesprechers antwortet, schreibt: „Verspätungen im Zugverkehr können wir aufgrund der Komplexität des Betriebes nicht gänzlich ausschließen. (...) Das Erreichen eines persönlichen Termins - beispielsweise eines Fluges - ist nicht Bestandteil unseres Beförderungsvertrages. Daher besteht kein Anspruch auf Erstattung anderweitig entstandener Kosten.“
Und weiter geht es auf Zynisch mit sarkastischem Dialekt: „Wir empfehlen unseren Kunden, die rechtzeitig an einem Flughafen sein müssen, einen ausreichenden Zeitpuffer für die Anreise einzuplanen“.

 

Herrn Maschauer und seinem Chef, Herrn Kornmann, wünsche ich, dass sie besser mal nicht eines Tages auf die Hilfe der Krankenschwester angewiesen sein werden...

 

Dass die Bahn Schwierigkeiten mit der Zuverlässigkeit hat, ist ziemlich deutlich. Kein Tag, an dem nicht Klagen auf den sozialen Medien laut werden. Das Land NRW hat sogar schon politisch reagiert und gerade den gebeutelten Pendlern eine „Mobilitätsgarantie“ gegeben, um dem dem Land unterstehenden Regionalverkehr eine gewisse Pünktlichkeit abzutrotzen. Kostenerstattung bis zu 50€ Taxigebühr kann man im Falle eines bürokratischen Nachweises hier erstattet bekommen.

 

Dennoch sollte man sich gut überlegen, ob man Angebote wie etwa „Rail & Fly“ annehmen sollte oder sich damit nur ein Problem bucht, das man nicht braucht.

 

Klar müssen z. B. Gleise mal erneuert werden. Wird nach 70 Jahren auch langsam Zeit. Aber unverständlich, warum man dann die Fahrpläne beispielsweise nicht mit ausreichenden Zeitpuffern anpasst. Dazu bräuchte am aber vielleicht professionelle Logistik-Planer und nicht etwa ehemalige Regierungssprecher, die es für ein Millionen-Gehalt gerade mal schaffen zwei Büroklammern am Tag zu biegen. (Tia, liebe Deutsche Bahn, ich kann auch zynischen Dialekt).

 

Das Tragische: es gibt nur wenige Alternativen;  die Fernbus-Infrastruktur in Deutschland ist, anders als in Spanien,  erst im Aufbau. Aber es gibt diese Alternativen.

 

Zwischen den Metropolen existieren bereits gute Verbindungen. “Flixbus“ ist einer der aufstrebenden Platzhirsche auf dem für Deutschland neuen Markt. Für einen Bruchteil des Fahrpreises der Bahn verbindet das Busnetz (darunter auch der alte Postbus, den der ADAC mitbetreibt) die größeren Städte in Deutschland. Und das sauber, mit Getränke- und Snack-Verkauf an Bord, mit funktionierendem WLAN (wie wifi in Deutschland heißt), während man aus der Bahn in Deutschland nur selten überhaupt telefonieren kann.

 

Für die ländlichen Erreichbarkeiten, gibt es inzwischen auch gute Alternativen bei den Mitfahrgelegenheiten. Unter diesen sticht die Smartphone App „flinc“ heraus. Ein paar findige Studenten sahen sich besonders im maroden öffentlichen Personen-Nahverkehr ständig mit Problemen konfrontiert, die sie mit Hilfe moderner IT gelöst haben. Gerade für spontane Fahrten im Kurzstreckenbereich konzipiert, erfreut sich „flinc“ mit seinen unbürokratischen Verbindungen und geringen Kommissionen immer größerer Beliebtheit. Die Flinc-App gibt es kostenlos im Google Play store oder im App Store. BlaBlaCar ist eine ähnliche Mitfahrgelegenheit- App, die auch innerhalb Spaniens funktioniert. Nicht zu vergessen: die aus der alten Studentenzeit noch bekannte Mitfahrzentrale. Es gibt sie noch...

 

Hier die Links zur Reiseplanung innerhalb Deutschlands:

 

www.fernbusse.de

www.flixbus.de

www.postbus.de

www.deinbus.de

www.flinc.org

www.blablacar.de

www.mifaz.de

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