HINTERGRUND: Spaniens Banken in der Krise

28.06.2010 - Stefanie Claudia Müller 

Angesichts der Tatsache, dass in Spanien private und staatliche Schulden zusammen inzwischen mehr als 200 Prozent vom BIP ausmachen, gerät das dortige Finanzsystem immer mehr ins Wanken, “was vor allem auf einem Vertrauensverlust unserer europäischen Nachbarn beruht“, glaubt Luis de Guindo, ehemaliger Staatssekretär und Ex-Vorstandsvorsitzender von Lehman Brothers auf der Iberischen Halbinsel. Dieser Vertrauensverlust ist nach Ansicht der spanischen Regierung jedoch gezielt durch einige Spekulanten in die Wege geleitet worden. „Man treibt unser Land in die Enge”, warnt Premier José Luis Zapatero seit geraumer Zeit.

Derweil laufen die Vorsichtsmaßnahmen der Links-Regierung auf Hochtouren, um einen Zusammenbruch des Finanzsystems wie in Griechenland zu vermeiden sowie das durch den Einsturz des Wohnungsmarktes regenerierte schlechte Image zu verbessern. Nach den vor wenigen Wochen vorgenommenen starken Haushaltskürzungen wurde jetzt dem Parlament eine Arbeitsmarktreform vorgestellt.

„Besonders betroffen von der Krise sind die spanischen Sparkassen. Sie sind anders als die meisten größeren spanischen Banken nicht international aufgestellt sind und leiden damit besonders unter dem Platzen der Immobilienblase. Die kommenden Wochen werden noch hart werden“, warnt der deutsch-spanische Unternehmensberater Luis Weickgenannt, der glaubt, dass der Wohnungsmarkt noch immer überbewertet ist.

Der gleichen Meinung ist die spanische Finanzaufsicht. Sie hat gefordert, dass noch in diesem Jahr die Immobilienwerte in der Bilanz der spanischen Finanzinstitute dem realen Marktwert angepasst werden. Diese Wert-Korrektur um mindestens 20 Prozent wird sich nach Ansicht von Wirtschaftsexperten in einem zehnprozentigen Gewinnrückgang der meisten Finanzinstitute auswirken.

Erst Ende Mai musste die spanische Bankenaufsicht (Banco de España) die kleinere Cajasur retten. Um weitere Zusammenbrüche zu vermeiden, hat die zweitgrößte Sparkasse des Landes, Caja Madrid, gerade zusammen mit Bancaja, einer mittelgroßen Sparkasse aus Valencia, angekündigt, ein Konsortium mit kleineren regionalen Finanzinstituten zu gründen. Die ebenfalls notleidende Bancaja wurde von der spanischen Zentralbank zu diesem Schritt gezwungen: „Wir müssen jede schlechte Nachricht vermeiden, um unser Standing an den Finanzmärkten nicht noch weiter zu verschlechtern“, sagt de Guindos. Er hat zusammen mit der Unternehmensberatung PWC neue Führungs-Modelle für die spanischen Sparkassen entwickelt und fordert eine schnelle Änderung der Gesetzgebung.

Spanien habe das Problem, dass die Abhängigkeit deutscher und französischer Banken von der hiesigen Entwicklung sehr groß sei. Die erneute Herabstufung der Kreditwürdigkeit Spaniens und die schlechte Bewertung vieler Sparkassen führe dazu, dass die Refinanzierung der Banken über den europäischen Interbankenmarkt immer teurer werde und teilweise der Hahn für einige Banken komplett zugedreht werde. Nach Angaben verschiedener spanischer Wirtschaftszeitungen stehen Spaniens Finanzinstitute bei ihren Wettbewerbern in Frankreich und Deutschland mit jeweils rund 230 Milliarden Euro in der Kreide: „Da verwundert es nicht, dass alle auf uns schauen”, sagt de Guindos.

Inzwischen sind spanische Staatsanleihen, aber auch Unternehmens- und Bankenschuldverschreibungen wegen der hohen Risikoprämie kaum noch zu platzieren. Bei Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit gibt es im Vergleich zu deutschen Schuldverschreibungen bereits einen Unterschied von um die 180 Basispunkten. Derzeit versuchen die mittelgroßen und kleineren Banken, sich über Spezialmärkte wie Eurex oder dem London Clearing House, wo alle Geschäfte mit Garantien verknüpft sind, zu refinanzieren. Bisher ist aber kein spanisches Finanzinstitut bei diesen Märkten registriert. Auch die spanische Börse hat vor sieben Jahren einen solchen alternativen Derivatemarkt eröffnet - Meffclear: „Wir werden alles tun, um unseren eigenen Finanzinstituten über diesen Weg bei der Stabilisierung ihrer Lage zu helfen“, heißt es dort. Bisher habe aber noch niemand angefragt, aufgenommen zu werden.

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