Ein Schuljahr in Katalonien

26.01.2009 - Gwen Peters - Schülerin 

Seit der 5. Klasse wollte ich unbedingt ein Jahr im Ausland verbringen und so habe ich mich entschieden, ein Austauschprogramm zu machen. An meiner Schule konnte ich Spanisch als Schulfach wählen und war so begeistert davon, dass ich in ein spanischsprachiges Land wollte, um die Sprache besser zu lernen. Ich habe schließlich Spanien wegen der Nähe zu Deutschland gewählt, weil ich dachte, wenn ich dort gute Freunde finden würde, könnte ich sie später leichter besuchen, als wenn ich dazu nach Südamerika fliegen müsste. Ich habe Glück und muss das Jahr im Ausland auch nicht wiederholen, da meine Schule in Deutschland 13 Jahre dauert und man die 11. Klasse im Ausland verbringen darf. 

Mittlerweile bin ich schon seit über 3 Monaten hier, aber am Anfang war es sehr hart. Ich hatte mir auf jeden Fall alles viel einfacher vorgestellt. Das größte Problem ist die Sprache, nämlich Katalanisch. Bevor ich hier ankam, habe ich gedacht, Katalanisch wäre dem Spanischen und Französischen ja ähnlich, und ich würde das schon verstehen, da mein Vater Franzose ist und ich Spanisch in der Schule hatte. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Ich verstand kein einziges Wort.

Dann kam der nächste Schock, denn ich fand heraus, dass Katalanisch auch in der Schule gesprochen wird und sogar die Schulbücher auf Katalanisch sind. Noch dazu wurde ich in den naturwissenschaftlichen Zweig gesteckt, obwohl ich von Naturwissenschaften wirklich keinen blassen Schimmer habe. Also habe ich mich als erstes darum gekümmert, in den Kunst-Zweig zu kommen, das hat aber nicht geklappt. Nach einer Woche Hin und Her war ich dann endlich in meiner jetzigen Klasse im humanistischen Zweig und habe nun immerhin ein Fach mehr auf Spanisch, nämlich spanische Literatur. Schließlich bin ich ja eigentlich nach Spanien gekommen, um Spanisch zu lernen und nicht Katalanisch. 

In der Schule komme ich mittlerweile ganz gut zurecht. Manche Lehrer waren so nett mir, dass Schulbuch auf Spanisch von der Schule auszuleihen. In meinem ersten Zeugnis habe ich nun einen Schnitt von 6,6, was im deutschen Notensystem etwa einer 2 bis 3 entspricht. Auch neben der Schule habe ich mir bereits einen Alltag aufgebaut. 2x die Woche mache ich Kampfsport (eine Sportart, die ich hier ganz neu angefangen habe), 1x die Woche spiele ich Klarinette in einer Big Band, wie ich es auch schon in Deutschland gemacht habe, und außerdem habe ich einen Babysitterjob und gehe am Wochenende mit meiner Gastfamilie reiten. Vielleicht fange ich bald sogar einen Salsa-Tanzkurs an.

Trotzdem fällt es mir sehr schwer, hier Freunde zu finden. Ich habe zwei verschiedene „Cliquen“ kennen gelernt, aber es ging beide Male ähnlich aus. Am Anfang waren alle total nett und interessiert an mir. Sie haben mich eingeladen, mit ihnen auszugehen, aber nachdem die anfängliche Neugierde abgeflaut war, war ich sozusagen nicht mehr interessant. Es störte sie zwar nicht, wenn ich mich zu ihnen setzte, aber sie hatten auch keine besondere Lust mehr, mit mir zu reden. Ich denke, das Problem ist vor allem die Sprache, denn ich verstand zuerst Katalanisch wirklich gar nicht. Sie aber unterhalten sich natürlich alle auf Katalanisch und hatten nach einer Zeit eben einfach keine Lust mehr, alles auf Spanisch für mich zu übersetzen. Mittlerweile verstehe ich ihre Sprachen mehr oder weniger und habe ein paar Freunde gefunden, mit denen ich auch manchmal ausgehe, aber es war nicht leicht.

Ich bin über eine Organisation hierher gekommen, die auch eine Gastfamilie für mich gesucht hat. Immerhin hatte ich mit meiner Gastfamilie großes Glück, denn sie hat mich total lieb aufgenommen und wir verstehen uns alle wirklich super. Natürlich gibt es ab und zu Missverständnisse, die dadurch entstehen, dass ich erst seit 2 Jahren Spanisch lerne. Ich kann eben nicht immer alles so ausdrücken, wie ich es gerne würde und sage aus Versehen manchmal etwas, was ich gar nicht meine. Aber das gehört nun mal dazu und schließlich lernt man aus seinen Fehlern.

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