HINTERGRUND: Altersruhesitz in Spanien lohnt sich steuerlich nicht

17.10.2007 - Stefanie Claudia Müller 

Jutta Wegner (Name von der Redaktion geändert) hat das milde Klima gelockt. Ihr verstorbener Mann war Asthmatiker. In dem kleinen Ort Peñiscola zwischen Valencia und Barcelona, wo immer eine leichte Brise weht, fanden sie vor zwölf Jahren ihren idealen Altersruhesitz. Das Paar lernte Spanisch, integrierte sich schnell. Als der Mann der heute 62-Jährigen wenig später an Knochenkrebs erkrankt, gehen sie nicht zurück nach Deutschland. "Die Gesundheitsversorgung ist gut hier, im Gegenteil eine Behandlung, die wir in Deutschland haben machen lassen, basierte auf einer Fehldiagnose", sagt Wegner. Auch als ihr Mann stirbt, entscheidet sich die resolute Frau, in Peñiscola zu bleiben und ihn dort zu begraben, obwohl ihr Sohn in Deutschland wohnt. "Ich bin hier integriert, habe Freunde, hier ist mein, hier ist unser Zuhause", sagt die Witwe. Nicht alle in Spanien lebenden Rentner sind so gut integriert. Rund 800 000 Deutsche wohnen nach Schätzungen der Deutschen Botschaft das ganze Jahr oder für mehrere Monate in Spanien, die meisten von ihnen sind Rentner. Neben dem sonnigen Klima schätzen sie die Lebensfreude und Freundlichkeit der Spanier. Viele sprechen wie das Ehepaar Machmerth auch nach Jahren kein Spanisch und würden bei einer ernsthaften Erkrankung anders als Jutta Wegner sofort wieder nach Deutschland zurückkehren, weil sie dem spanischen Gesundheitssystem nicht trauen. "Wir haben unseren ersten Wohnsitz deswegen immer noch in Deutschland", gesteht der 66-jährige Günter Machmerth, der seit seiner Pensionierung in Vergel bei Denia wohnt. Dort an der Costa Blanca zwischen Valencia und Alicante sowie an der Costa del Sol (Andalusien) leben jeweils rund 240 000 Deutsche. Danach kommen auf der Hitliste der deutschen Rentner die Kanaren, wo 60 000 Deutsche leben, auf den Balearen sind es rund 55 000. Vielerorts, wie an der Costa Blanca und auf Teneriffa, gibt es bereits deutsche Pflegeheime für solche, die auch im hohen Alter wie Jutta Wegner es geplant hat, nicht mehr nach Deutschland zurückkehren wollen oder es auch nicht können, weil sie keine Mittel und Familie mehr dort haben. Mallorca, früher vor allem wegen Ballermann und Massentourismus bekannt, ist wegen der enormen Preissteigerung bei Immobilien inzwischen eher zu einer Pendlerinsel für Reiche geworden. Der Traum vom Altern unter der Sonne ist dort wie auch rund um Marbella, wo der Quadratmeterpreis zwischen 5000 und 6000 Euro liegt, für den deutschen Durchschnittsrentner kaum noch zu finanzieren. Auch im Rest des Landes gibt es nur noch wenige deutsche Neuankömmlinge im Rentenalter. Viele weichen inzwischen ins billigere Bulgarien oder nach Kroation aus oder vermieten ihr Ferienhaus an der spanischen Küste mehrere Monate im Jahr, um von den ebenfalls gestiegenen Mieten zu profitieren und sich etwas zur Rente hinzu zu verdienen. Kostete vor 15 Jahren an der Costa Blanca ein schickes Haus am Strand noch 100 000 Euro, muss man heute mindestens das Dreifache dafür auf den Tisch legen. Die gleiche Entwicklung machten die Mieten. Rund um Marbella muss man für ein Haus in der Hochsaison für eine Woche bereits 1500 Euro bezahlen. Auch sonst ist das Lieblingsreiseland der Deutschen teuer geworden, Gerichte unter 10 Euro bekommt man kaum noch, der Orangensaft kostet inzwischen drei Euro. Der Service hat nicht im gleichen Maße zugelegt wie die Preise. "Weil die Kaufkraft in Deutschland vielerorts inzwischen höher ist als in Spanien, haben viele Rentner in den vergangenen Jahren ihr Haus mit hohen Gewinnen verkauft und sind in die Heimat zurückgekehrt, wo sie sich inzwischen ein größeres Haus leisten können als in Spanien", sagt der an der Costa Blanca ansässige deutsche Makler Enzo Gehrig. Für Jutta Wegner, die vor mehreren Jahren an Brustkrebs erkrankte, kam das jedoch nie in Frage, auch wenn sie jeden Euro zweimal umdrehen muss und mit ihrer Krankheit kämpft. Sie bekommt monatlich gerade mal 300 Euro Witwenrente, hinzu kommen Mieteinnahmen aus einer spanischen Ferienwohnung. Auch vor dem Alter hat sie keine Angst, sie fühlt sich bei der öffentlichen spanischen Gesundheitsversorgung gut aufgehoben. Aber Gehrig glaubt, dass sie inzwischen ein Einzelfall ist: "Wer heute plant, nach Spanien auszuwandern, der kommt allein mit der Rente nicht hin. Da muss man schon betucht sein, um hier densellben Lebensstandard zu haben wie in Deutschland", sagt Gehrig, dessen Kunden heute gerade deswegen vor allem Skandinavier und Engländer sind, welche durch den Wechselkurs die Preissteigerungen nicht so spüren. "Die Zahl der in Spanien offiziell angemeldeten Briten ist inzwischen doppelt so hoch wie die der Deutschen", heißt es bei der Deutschen Botschaft in Madrid. Solche deutschen Rentner, die vor 20 Jahren nach Spanien gekommen sind, kommen unter den neuen Lebensbedingungen mit ihrer Rente kaum noch hin. Die Verarmung von deutschen Pflegefällen an der spanischen Küste ist für die Deutsche Botschaft inzwischen zu einem ernsthaften Problem geworden: "Es betrifft zwar nur rund fünf Prozent der hier lebenden Deutschen, aber es sind teilweise schwer lösbare Fälle, weil sie niemanden mehr in Deutschland haben, hier der Staat nicht für sie aufkommen will und teilweise auch nicht die Leistungen zur Verfügung stehen", heißt es dort. In Spanien gibt es zum Beispiel keine richtige Sozialhilfe. Die Botschaft hat deswegen mit europäischer Hilfe angeregt, dass in Alicante eine Beratungsstelle für EU-Residenten eingerichtet wird, wo sie sich mit Hilfe von Übersetzern über mögliche Sozialleistungen bzw. das Gesundheitssystem des spanischen Staates informieren können. Ein wichtiger Schritt, denn selbst in der Hauptstadt Madrid sind verarmte Deutsche auch für den spanischen Staat zu einem regelrechten Problem geworden. Die deutschen Kirchen und Privatleute vor Ort haben einen Hilfsverein gegründet, der unter anderem ein Altenheim für solche betreibt, welche die Pflege zuhause oder auch die hohen Mieten in Madrid nicht mehr bezahlen können. "Viele machen den Fehler und gehen aus der privaten Krankenversicherung in Deutschland raus oder zahlen dort nicht mehr in die Pflegeversicherung ein. Wenn sie dann wirklich krank und zum Pflegefall werden, dann ist kein Geld mehr da und auch keine soziale Abfederung", sagt der 63-jährige deutsche Rentner Jürgen B. Das neue spanische Pflegegesetz, das "Ley de dependencia" wird Abhilfe schaffen, aber es werde wohl noch einige Zeit dauern, bis die Umsetzung auch für Ausländer funktioniere. Der ehemalige Unternehmer wohnt seit 1999 mit seiner Frau Waltraud an der Costa Blanca. Er hat sich von Anfang an in Deutschland ein zweites Netz bewahrt. Seine private Krankenversicherung dort hat er nur ruhen lassen, in die Pflegeversicherung zahlt er immer noch ein. Spanien ist nur sein Zweitwohnsitz. Dazu raten auch die vielen in Spanien ansässigen deutsche Anwälte, schon aus steuerlichen Gründen: "In Spanien wird die Rente, wenn sie im Jahr über 7000 Euro liegt, mit der normalen Einkommenssteuer belastet, das ist wesentlich mehr als in Deutschland, wo viele Rentner gar keine Steuern bezahlen. Das gleiche gilt bei der Erbschaftssteuer, die ist in Spanien wesentlich höher", sagt der deutsche Rechtsanwalt Manuel Stiff, der zwischen seiner Kanzlei auf Mallorca und Münster pendelt. Vielleicht hat Jutta Wegners Entschiedenheit, in der Wahlheimat bis zur ihrem Tod zu bleiben, auch damit zu tun, dass sie inzwischen einen Argwohn gegen die eigenen Landsleute hegt - vor allem in Spanien selber: "Die hauen einen nur übers Ohr." Inklusive die vielen dort niedergelassenen deutschen Ärzte kommen nicht gut weg: "Viele verdienen sich hier eine goldene Nase, ohne etwas zu leisten." Die lebenslustigen Spanier dagegen loben die meisten deutschen Rentner, egal ob Voll- oder Teilzeit in Spanien, in höchsten Tönen: "Das ist doch klar, warum jeder aus Deutschland weg will. Betreten Sie da einen Fahrstuhl, da grüßt Sie doch niemand. Hier sind die Menschen viel freundlicher", sagt Edith Voss, die schon seit ihrer Kindheit nach Spanien fährt und jetzt auch als Rentnerin auf Mallorca wohnt.

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