HINTERGRUND: Steuern auf Kapitalerträge zwischen Deutschland und Spanien

17.03.2008 - Philipp Dyckerhoff und Susanne Rust 

Seit einiger Zeit ist das Thema Abgeltungssteuer in Deutschland überall präsent. Viele Banken in Deutschland werben mit der dringenden Notwendigkeit, Veränderungen bei der Geldanlage vorzunehmen, um sich gegen die Abgeltungssteuer zu ‚schützen’. Das ist generell schon sinnvoll, allerdings ohne Zeitdruck und ohne Panikmache. Bis Ende des Jahres ist noch Zeit dafür (wenn die Stichtage nicht noch geändert werden, dies scheint allerdings wenig wahrscheinlich). Deutsche in Spanien, die in absehbarer Zeit wieder nach Deutschland zurückgehen, sollten sich auf jeden Fall mit dem Thema auseinandersetzen. Die Autoren sind gerne bereit, weitere Auskünfte dazu zu erteilen.

Für Deutsche in Spanien, die langfristig in Spanien bleiben, ergeben sich aber ganz andere Implikationen, die häufig nicht ausreichend bekannt sind.

Was ist die Abgeltungssteuer überhaupt?

Am 6. Juli 2007 hat der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zur Einführung der Abgeltungssteuer zugestimmt. Die Versteuerung von Kapitaleinkünften aller Art wird ab dem 1. Januar 2009 pauschal mit 25 Prozent Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag plus ggf. Kirchensteuer (je nach Bundesland unterschiedlich hoch) abgegolten. Abgeltungssteuer ist Personen unabhängig, d.h., man muss sie nicht in der Steuererklärung erklären, sondern sie werden automatisch von den Banken einbehalten und an die Finanzämter abgeführt (ähnlich wie in Spanien – hier sind es allerdings nur 18 Prozent, seit der Steuerreform von 2007).

Bei Zinseinnahmen ist dies erst einmal eine gute Nachricht für die Besserverdienenden in Deutschland, werden doch die Zinseinnahmen bis Ende 2008 mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz besteuert (maximal 42 Prozent plus Solidaritätszuschlag plus ggf. Kirchensteuer). Über die so genannte Zinsabschlagsteuer führen die Banken bisher 30 Prozent der Zinserträge direkt an das Finanzamt ab. Je nach persönlichem Steuersatz kann man sich dann mit seiner Steuererklärung entweder Geld vom Finanzamt zurückholen (falls der persönliche Steuersatz unter 30 liegt) oder muss noch nachzahlen (falls der persönliche Steuersatz über 30 Prozent liegt).

Bei Dividendeneinnahmen (von deutschen Unternehmen) ändert sich unter dem Strich relativ wenig. Bis zum 31. Dezember 2008 gilt noch das so genannte Halbeinkünfteverfahren: dabei wird nur die Hälfte der Dividenden mit dem persönlichen Steuersatz besteuert. Im Rahmen der Abgeltungssteuer werden ab 2009 auch (inländische) Dividenden wie alle anderen Kapitalerträge mit 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag plus ggf. Kirchensteuer besteuert. Für Gutverdiener mit Spitzensteuersatz bedeutet das wenige Prozentpunkte mehr an Steuern. Für Leute, die unter dem maximalen Steuersatz liegen, ist die Verschlechterung größer. Jemand, der z.B. 30 Prozent Grenzsteuersatz hat, muss bis Ende 2008 nach dem Halbeinkünfteverfahren auf Dividenden nur 15 Prozent Steuern bezahlen, ab 2009 dann 25 Prozent (jeweils zzgl. Solidaritätszuschlag bzw. ggfs. Kirchensteuer).

Zur Vermeidung von zusätzlicher Komplexität verzichten wir in diesem Artikel auf die steuerliche Behandlung von anderen Arten von Kapitaleinkünften (z.B. ausländische Dividenden und Zertifikate).

Kursgewinne aller Art sind von der Abgeltungssteuer am stärksten betroffen. Bis 31.12.2008 sind Kursgewinne, die ‚älter’ als 12 Monate sind, in Deutschland steuerfrei. Ab dem 1.1.2009 unterliegen auch alle Kursgewinne der Abgeltungssteuer.
Für Wertpapiere, die vor dem 31. Dezember 2008 im Anlegerdepot befinden, wird es nach aktuellem Stand einen Bestandsschutz geben (mit Ausnahme von Zertifikaten). Für alle bis dahin gekauften Wertpapiere gilt unverändert die Steuerfreiheit für Kursgewinne nach der einjährigen Haltedauer, was insbesondere für langfristige Kapitalanlagen von hoher Bedeutung ist. Daher sollten sich Deutsche, die in den nächsten Jahren planen, nach Deutschland zurückzukehren, noch in diesem Jahr mit der Strukturierung ihrer Geldanlagen auseinandersetzen.

Auswirkungen für Deutsche in Spanien

Viele Deutsche, die in Spanien leben und steuerpflichtig sind, haben weiterhin Geldanlagen in Deutschland, z.B. ein Aktiendepot, Tagesgeld oder anderes. Wie sieht es nun für diese Fälle steuerlich aus, bisher und ab dem 1.1.2009?

I. Zinserträge und Kursgewinne

Diese aus deutscher Sicht Auslandsansässigen haben in Deutschland eine beschränkte Steuerpflicht, sind so genannte Steuerausländer. Für sie fällt nach geltendem Recht keine Zinsabschlagsteuer an, die Banken führen also die 30Prozent Steuer nicht an die Finanzämter ab. Diese Zinseinnahmen müssen in Spanien versteuert werden (18 Prozent). Wichtig: im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie müssen diese Zinserträge von den deutschen Behörden an die spanischen Behörden gemeldet werden. Dies wurde aber bisher noch nicht von den Behörden umgesetzt.

Kursgewinne müssen unabhängig von der Haltedauer der Wertpapiere in Spanien versteuert werden (18 Prozent). Zinseinnahmen werden nach geltendem Recht also in Spanien geringer besteuert, Kursgewinne je nach Haltedauer der Wertpapiere geringer (bei Haltedauer unter 1 Jahr) oder höher (bei Haltedauer über 1 Jahr).

Die Abgeltungssteuer ab 2009 für Zinserträge und Kursgewinne wird für Steuerausländer von den deutschen Banken nicht an die deutschen Finanzämter abgeführt. Die Erträge müssen in Spanien bei der Steuererklärung versteuert werden, Steuersatz ist hier 18 Prozent, also ‚günstiger’ als die deutsche Abgeltungssteuer.

II. Dividendenerträge

Inländische Dividenden werden ähnlich wie Mieteinnahmen ‚an der Quelle’ besteuert, also in dem Land, in dem sie entstehen. Dadurch ist die Behandlung von Dividenden steuerlich komplizierter als bei Zinsen und Kursgewinnen.
Bei (inländischen) Dividendenerträgen von Steuerausländern wird in Deutschland nach geltendem Recht Kapitalertragssteuer in Höhe von 20 Prozent erhoben. Sie ist für Steuerausländer eine Abgeltungssteuer, wird also direkt an die deutschen Finanzämter abgeführt. Die entrichtete Steuer kann in Spanien laut Anrechnungsverfahren von der Lohnsteuer abgezogen werden. Die Obergrenze der zu erhebenden Quellensteuer wird im Doppelbesteuerungsabkommen festgelegt.
Ab 2009 kann bei bestehendem Doppelbesteuerungsabkommen (gilt also für Spanien) bei (inländischen) Dividenden der Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent auf 15 Prozent reduziert werden. Darum kümmert sich die Bank: sie führt also für Steuerausländer nur 15 Prozent an das deutsche Finanzamt ab. Für die Besteuerung in Spanien gilt wieder das Anrechnungsverfahren.

Wichtig: Steuerausländer können in Deutschland keinen Freistellungsauftrag erteilen. Dieser vermeidet für in Deutschland Steuerpflichtige die Abführung der Zinsabschlagsteuer bzw. in Zukunft der Abgeltungssteuer an das deutsche Finanzamt bis zum maximalen Freibetrag von 801 Euro pro Kopf. 

Häufig ist es allerdings so, dass sich in Spanien lebende Deutsche bei ihrer Bank in Deutschland nicht als Steuerausländer gemeldet haben. Die Bank hat häufig noch die deutsche Adresse und führt die Zinsabschlagsteuer von 30 Prozent an das deutsche Finanzamt ab. Häufig bestehen auch noch die ‚alten’ Freistellungsaufträge, so dass Zinserträge bis 801 Euro pro Kopf steuerfrei bleiben. Dieser Freibetrag ist aber schon bei einer Anlage von gut 20 000 Euro mit 4 Prozent Zinsen ausgeschöpft. Außerdem sind die Freistellungsaufträge in vielen Fällen nicht mit den maximal möglichen Werten erteilt worden. Wie dem auch sei – richtig ist es sowieso nicht und man verliert in den meisten Fällen unnötig Geld. Wenn man die Zinserträge in Spanien deklariert, werden nur 18 Prozent Steuern fällig. Freibeträge gibt es in Spanien nicht.

Hinweis: Dieser Artikel stellt die wesentlichen Zusammenhänge bei den Steuern auf Kapitalerträge für Privatpersonen ‚zwischen’ Deutschland und Spanien dar, erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit noch ersetzt er im Einzelfall eine individuelle Beratung. Die steuerliche Behandlung der Kapitalerträge von Firmen ist wiederum anders und würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.

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