Interview mit deutschen Unternehmern in Katalonien, Céline Mülich, Barcelona-Museum

15.03.2016 - Barcelona für Deutsche 

1.    Was macht Ihr Unternehmen?

Mein Unternehmen bietet deutschen und englischsprachigen Touristen, wie auch Einheimischen, die Möglichkeit, einen Überblick über alle Museen in Barcelona zu erhalten. Barcelona hat nämlich eine große Anzahl an Museen – weit über 60 in der Zahl – und auf meiner Seite kann man sich bereits vorab informieren.

 

Für Touristen ist das von Vorteil, da man meist nur begrenzt Zeit in Barcelona hat – da ist es besonders wichtig vorher schon zu wissen, ob einem das Museum gefällt oder nicht.
Ich besuche die Museen, verfasse einen Bericht und zeige Bilder. So kann der Besucher meiner Seite schon vorher gut abschätzen, ob das jeweilige Museum für ihn in Frage kommt. Außerdem gebe ich hilfreiche Tipps oder berichte von aktuellen Ausstellungen.

 

Für uns, die wir hier in Barcelona leben, ist die Seite aber auch interessant. Welche Ausstellungen finden statt, welches Museum ist für Kinder geeignet? Was könnten wir an diesem Wochenende erkunden? Und auch hier ist meine Seite ein hilfreicher Pool.

 

Neben der Webseite kann man sich nun auch auf der neu entwickelten App über die Museen informieren und sogar eine Favoriten-Liste erstellen.

 

2.    Wie entstand Ihre Unternehmensidee?

Es heißt ja immer, wenn du ein Problem hast, entwickle selbst die Lösung. Als ich hier 2012 ankam, war es schwer für mich einen Job in einem hiesigen Museum zu erhalten. Wegen der ohnehin bereits hohen Arbeitslosigkeit und meinen damals noch mangelnden Spanisch- und vor allem Katalanisch-Kenntnissen, hatte ich wenig Chancen im Museum Fuß zu fassen.

 

Hinzu kam, dass ich auf meinen Streifzügen durch die Stadt immer wieder Museen entdeckte, die nicht in den großen Reiseführern oder auf den allgemein bekannten Webseiten genannt wurden. Also nahm ich die Sache selbst in die Hand und entwickelte ich die Webseite Barcelona-Museum.de.

 

3.    Warum haben Sie sich in Katalonien/Spanien niedergelassen?

Ehrlich gesagt – es war wegen der Liebe. Nein, ich habe mich in keinen Katalanen oder Spanier verliebt. Es war mein deutscher Freund, jetzt Ehemann, der schon länger mit dem Gedanken gespielt hat hier zu leben. Ich war aber einfach lange nicht bereit dazu: in Deutschland hatte ich einen sehr guten Arbeitsplatz, ich habe für zwei anerkannte Museen in Frankfurt gearbeitet. Ich wusste zwar, dass ich irgendwann mal im Ausland arbeiten wollte, aber ehrlich gesagt habe ich immer an Frankreich gedacht.

 

Aber dann machten wir einen Kurztrip nach Barcelona – ich war nämlich vorher noch nie hier. Das war im September 2011 – und ich habe mich auf Anhieb in die Stadt verliebt. Und dann ging es ziemlich schnell: Im Oktober habe ich mich zum Sprachkurs angemeldet, im Februar 2012 habe ich gekündigt und Ende Juni waren wir dann hier!

 

4.    Was war für Sie größte Herausforderung zu Beginn?

Da gab es Einige! Für mich war alles neu! Das erste Mal im Ausland, fast keine Spanisch-Kenntnisse, keine Arbeit, das erste Mal mit meinem Freund zusammenziehen... Suchen sie sich etwas aus!

 

Am Anfang war es aber höchst kompliziert für mich die ganzen Beamtengänge zu erledigen und dabei niemanden zu verstehen. NIE, Seguridad Social, Ajuntamente, Agencia Tributaria etc. Das war wirklich hart! Und ich wusste, dass ich so schnell wie möglich mein Spanisch verbessern muss! Heute kann ich zum Glück darüber lachen!

 

Hinzu kam natürlich die Angst keine Arbeit zu finden. Aber da habe ich mich dann selbst auf den Hosenboden gesetzt.

 

5.    Sprechen Sie Katalanisch/Spanisch?

Ich würde sagen, dass ich mittlerweile sehr gut Spanisch spreche. Mit meinen „Kollegen“ im Coworking-Space spreche ich hauptsächlich Spanisch. Am Anfang war das natürlich noch etwas holprig und es wurde viel Englisch mit mir gesprochen – alle waren aber sehr geduldig! Das war toll!

 

Jetzt fühlt man sich natürlich viel integrierter. Wobei sie jetzt oft ins Katalanische wechseln. Aber da bin ich auch dran – seit kurzer Zeit nehme ich auch katalanisch Stunden. Mal sehen wie lange ich dafür benötige.

 

6.    Wie wirkt sich die verordnete Zweisprachigkeit auf Ihre Firma aus?

Hauptsächlich kommuniziere ich beruflich auf Deutsch und Englisch. Aber wenn ich die Museen besuche, dann spreche ich natürlich Spanisch mit meinen Kontakten. Am Anfang ging das natürlich nicht, aber dass ich jetzt alles auf Spanisch besprechen kann macht mich natürlich auch stolz.

 

7.    Was raten Sie jemanden, der in Katalonien/Spanien eine Firma gründen will?

Zunächst sollte man sich vorher genauestens informieren! Dann benötigt man einen sehr guten Steuerberater! Es gibt die Möglichkeit als „Autonomo“ zu arbeiten – also als Freiberufler oder eine S.L. (eine Art GmbH) zu gründen. Für meine Projekte ist der Status als „Autonoma“ völlig ausreichend. Sobald man aber Mitarbeiter hat, kann man über eine S.L. nachdenken. Aber die bedeutet mehr Aufwand und ist etwas komplizierter aufzusetzen.

 

Jedem, dem ein Autonomo-Staus reicht, sollte lieber diesen nutzen.

 

8.    Welcher Unterschied zu Deutschland fällt Ihnen hier am meisten auf?

Die Service-Unterschiede sind hier sehr unterschiedlich zu Deutschland und in sich auch sehr extrem. Ich denke, in Deutschland hat man ein Mittelmaß was Freundlichkeit anbelangt. Man kommt in ein Restaurant oder ein Geschäft und wird vom Service begrüßt: mal freundlicher, mal weniger freundlich.

 

Das ist hier anders! Hier gibt es die beiden Extreme: Es kann dir passieren, das du gar nicht begrüßt wirst oder du wirst überschwänglich mit „cariño“ oder „guapa“ empfangen! Daran muss man sich erst einmal gewöhnen...

 

9.    Was mögen Sie besonders an den Katalanen/Spaniern?

Ich bin sehr froh, dass wir so offen empfangen wurden. Die Katalanen sind sehr hilfreich, offen und witzig. Man muss zwar etwas warten, bis man in den „Inneren Kreis“ aufgenommen wird – sprich einmal nach Hause eingeladen wird, aber wenn es dann soweit ist, ist man auch wirklich aufgenommen! Das ist schön!

 

Was ich auch nicht wusste ist, dass viele Katalanen durchaus sehr pünktlich sind! Für mich persönlich also ein Schock, da ich es nicht bin.

 

10.    Gibt es etwas, das Sie  hier stört?

Eine Kleinigkeit, die ich jetzt nicht als wirklich störend empfinde, die aber irgendwie auffällt – vielleicht aber auch nur mir.

 

Die Katalanen/ Spanier laufen nicht Vorrausschauend. Wenn man auf den Straßen  unterwegs ist, wird man ständig geschnitten. Warum? Weil dem Entgegenläufer plötzlich einfällt, dass er jetzt sofort in das Geschäft abbiegen muss und das auch ohne Rücksicht auf Verluste tut.

 

11.    Nennen Sie uns einige deutsche Marotten, die Sie nicht ablegen können.

Da ich in Deutschland auch nie pünktlich war, hat sich also nicht wirklich etwas geändert. Aber vielleicht sollte ich meine spanisch/katalanischen Coworking-Kollegen einmal fragen...

 

Ach ja: es fällt mir unheimlich schwer mit dem Mittagessen bis 14 Uhr zu warten. Am Abend ist das kein Problem, aber mittags... da werde ich ab 12.30 Uhr unruhig und werde immer belächelt!

 

12.    Können Sie ein Restaurant/ Bar empfehlen?

Da gibt es Einige... Wir gehen regelmäßig zur Tapas-Bar Morryssom. Die Kellner sind charmant uncharmant, genauso wie die Einrichtung, aber die Tapas sind der Hit! Gute, hausgemachte Tapas zu guten Preisen.

 

Wenn wir Paella essen gehen, dann bei Can Nogal. Die anderen Gerichte sind zwar nicht soooo ansprechend, aber Paella können sie! Der Ort ist jetzt auch nicht der „coolste“, denn das Restaurant liegt mitten im Eixample – also nicht am Meer mit tollem Ausblick, aber wir sind dort trotzdem Stammgäste!

 

Und dann lieben wir auch peruanisches Essen – am liebsten bei Andino - oder Japanisch im Can Kenji.

 

13.    Was ist Ihr liebster Platz in Barcelona?

Da gibt es auch sehr viele....

 

Auch wenn der Aufstieg etwas anstrengend ist: Der Turo de la Rovira, oder auch Bunkers del Carmel genannt, hat einfach eine spektakuläre Aussicht auf Barcelona. Da muss jetzt auch jeder unserer deutschen Freunde hin, die zu Besuch kommen.

 

Da wir nun das Meer vor der Tür haben, muss man das ja auch nutzen! Also geht es im Sommer auch jeden Sonntag dorthin! 

 

Der Stadtteil Gracia gehört auch zu meinen Lieblingsorten. Denn hier findet man kleine Geschäfte, Bio-Läden, tolle Restaurants und Bars und alles ist so Lebendig. Es gibt da so viel zu entdecken!

 

An dieser Stelle muss ich natürlich auch meine Lieblingsmuseen nennen: Das MEAM wegen der zeitgenössischen figurativen Kunst, die hier ganz toll präsentiert wird. Das MNAC, weil es einfach atemberauben groß ist und man eine so tolle Aussicht hat und das Modernismus Museum, weil die Kunst einfach nur bezaubernd schön ist.

 

14.    Was vermissen Sie am meisten aus Ihrer Heimat?

Das deutsche Brot und eine Pizzeria deutscher Art.

 

Natürlich lieben wir das spanische Essen und auch die Vielfältigkeit, die es hier in Barcelona gibt, aber irgendwann möchte man kein Baguette mehr und lieber ein schönes Bauernbrot. Und bei den Pizzerien – irgendwie ist die eingedeutschte Pizza-Variante eben genau die Richtige.

 

Wir lösen das „Problem“ aber, indem wir bei jedem Deutschland-Besuch erst einmal zu Rewe/Edeka gehen und uns mit allem was wir vermissen eindecken ;)
Und ein DM wäre hier in Barcelona auch nicht verkehrt....

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