SERIE: Deutschsprachige Unternehmer in Katalonien - Guenter G. Rodewald

10.08.2008 - Clementine Kügler 

1. Was macht Ihr Unternehmen?
Die Ute Körner Literary Agent S.L. ist eine literarische Agentur, das heißt wir vertreten und beraten exklusiv auf nationaler wie internationaler Ebene spanische, katalanische und einige italienische Autoren und Autorinnen. Daneben repräsentieren wir Verlage und literarische Agenturen aus dem fremdsprachigen Ausland, wobei es unsere Aufgabe ist, Lizenzen von Büchern in Spanien (mit den verschiedenen Sprachen), Portugal und ganz Lateinamerika (inkl. Brasilien) zu platzieren und im Falle einer erfolgreichen Vermittlung zu verwalten. Das Geschäft arbeitet auf einer erfolgsorientierten Kommissionsbasis.

2. Wie entstand Ihre Unternehmensidee?
Die Unternehmensidee war nicht meine. Als ich nach Barcelona kam, wusste ich noch nicht einmal, dass es den Beruf des literarischen Agenten gibt. Die Firma wurde von Ute Körner gegründet, die bereits viele Jahre als Agentin und Verlegerin gearbeitet hatte und die sich dann 1985 mit ihrer eigenen Agentur selbstständig gemacht hatte, kurz bevor ihr damaliger Arbeitgeber, Editorial Bruguera, Insolvenz anmelden musste. Ich lernte Ute Körner im Frühjahr 1987 kennen und arbeite seitdem in der Agentur. Seit 2000 ist die Firma eine GmbH (S.L.), mit Ute Körner, Sandra Rodericks und mir als gleichberechtigten Gesellschaftern.

3. Warum in Katalonien?
Weil die Gründerin bereits seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Barcelona lebte, immer in hier ansässigen Firmen gearbeitet hatte.

4. Was war für Sie das größte Problem am Anfang?
Für mich persönlich das Erlernen der neuen Sprache: Ich konnte, als ich hierher kam, weder Spanisch, noch Katalanisch, war nicht mehr ganz jung und habe in der Schule die sogenannten „toten“ Sprachen erlernt, Latein und Altgriechisch, die den aktiven Umgang mit Sprachen nicht wirklich fördern. Diese kommunikative Behinderung, außer den finanziellen Problemen, die mich damals sehr bestimmten, hätte fast zum Abbruch meines Barcelona-Experiments geführt.

5. Sprechen Sie Katalanisch?
Nein, aber ich verstehe es recht gut. Ich bedauere es aber, es nicht besser zu beherrschen.

6. Die meisten geschäftlichen Kontakte entstehen wo?
Im persönlichen, alltäglichen Arbeitskontakt, bei gegenseitigen Besuchen in den Verlagen, in unserer Agentur, bei gesellschaftlichen Anlässen wie Preisverleihungen, Buchvorstellungen usw. und auf internationalen Buchmessen.

7. Wie wirkt sich die verordnete Zweisprachigkeit auf Ihre Firma aus?
In keiner Weise, zumal sie nicht als „verordnet“ bezeichnet werden kann und sollte. Es werden in unserer Firma Katalanisch, Spanisch und Deutsch gleichberechtigt nebeneinander her gesprochen, bestimmt dadurch, ob und/oder wie gut jemand die jeweilige Sprache beherrscht.

8. Was raten Sie jemandem, der hier eine Firma gründen will? 
Sich darauf einzustellen, dass trotz Europa und der scheinbar so großen Nähe zwischen den Ländern es doch viel kulturelle Unterschiede gibt. Die Bereitschaft zu offenen Diskussionen stößt auf Grenzen. Produktive Gruppenprozesse sind nicht immer konfliktlos in den Arbeitsalltag zu integrieren. Man benötigt dafür eine angemessene Toleranzkapazität. Sich auf andere Arbeitszeiten einzustellen, obwohl sich die inzwischen zumindest angefangen haben, sich mitteleuropäischen Verhältnissen anzugleichen. Aber nach wie vor ist der Tagesrhythmus hier vollkommen verschieden zu beispielsweise dem deutschen.

9. Welcher Unterschied zu Deutschland fällt Ihnen hier am meisten auf?
Meine Ironie versteht man ohne Zweifel in Deutschland wesentlich besser.
Daneben sind in vielen Bereichen in Deutschland das gesellschaftliche und politische Bewusstsein weiter entwickelt. Das hat unter anderem einen ganz schlichten historischen Hintergrund: in Spanien wurde nach dem Faschismus erst 1978 die Demokratie eingeführt, damit ist Deutschland Spanien um zumindest arithmetische 29 Jahre in der gesellschaftlichen Diskussion und in der Verarbeitung des Faschismus voraus.

10. Was mögen Sie besonders an den Katalanen?
Ihre Gastfreundschaft.

11. Gibt es etwas, das Sie hier stört?
Eine ausschließlich der Automobilindustrie unterworfene Verkehrspolitik. Die Invasion der Stadt durch den Tourismus (Billigflieger, Kreuzfahrthafen etc.); die unilaterale Beherrschung der Wirtschaft durch die Bauindustrie, mit allen ihren negativen Konsequenzen auf die Umwelt und die sozialen Folgen in der Wohnungspolitik.

12. Sagen Sie uns einige deutsche Marotten, die Sie nicht ablegen können?
Die Beharrlichkeit, ein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

13. Können Sie ein Restaurant/ Bar empfehlen?
Das behalte ich für mich, es gibt schon heute kaum noch intime Plätze, die der Tourismus oder die verschiedenen Moden noch nicht erobert haben.

14. Haben Sie eine Hotelempfehlung?
Es gibt inzwischen viele, zentral gelegene Hotels, die zu einem bezahlbaren Tarif zwar keinen großen Flair, aber ausreichenden Komfort und Platz bieten. Rechtzeitig buchen!

15. Was ist Ihr liebster Platz in Barcelona?
Mein Garten draußen vor den Toren der lauten, kontaminierten Stadt.

16. Was vermissen Sie aus der Heimat?
Die Heimat. Das Grün des Sommers und das Wasser – Norddeutschland. Meine deutschen Freunde.


Das Gespräch führte

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