TIPP: Wiederholungstäter

17.12.2013 - Rafael Heberling 

Samstagmorgen, der 23. November: endlich ist das "deutsche" graukalte, stürmische Wetter mit seinen deprimierenden Temperaturen und dem Regen wieder der Sonne gewichen! Noch schnell die festen "Laufschuhe" an die Füße gezurrt und ab geht es zum Treffpunkt, dem Arc de Triomf in Barcelona.

Hier erwartet mich eine Gruppe von 19 "Wiederholungstätern" – wobei das nicht ganz richtig ist: einige sind auch zum ersten Mal dabei. Wir gehen heute durch die bald dreitausendjährige Geschichte Barcelonas. Diesmal geht die Route entlang dem bald dreihundertjährigen Ereignisses, das Barcelona bis heute so prägt: Der Verlust der demokratischen Privilegien.

Wir kommen an der Gasse "Straße der Küsse" vorbei, Carrer dels Petons. Klingt ganz romantisch und ist doch eigentlich ein Stück grausamer Geschichte: Auf dem Weg vom Gericht zum Schafott, auf dem Marktplatz des Borneviertels, konnte die Familie sich in dieser Sackgasse ohne Ausgang von den Angehörigen mit einem letzten Kuss verabschieden. Klar, es musste einen Grund dafür geben, dass die meisten Stadtführungen hier nicht hin finden.

An berühmten Gourmet-Tempeln entlang (comerç 24), wo Carles Abellán anfing, bevor seine Fernsehsendungen und Kochbücher ihm berühmt machten, beim Schokoladenmuseum vorbei zum neuen Stolz Barcelonas: dem CC Mercat del Born.
Neben der Sta. Maria del Mar brennt noch die ewige Flamme für die im spanischen Erbfolgekrieg (1701-17014) Gefallenen Verteidiger der katalanischen Demokratie. Nachdem Karl der II. kinderlos geblieben war, machten die französischen Bourbonen den Habsburgern, die bisher auch in Spanien regierten, den Thron streitig. Der Krieg überzog ganz Europa über diese vielen Jahre und einer der letzten Widerstände gegen die Franzosen war am 11. September 1714 gebrochen; mit zehnfacher Übermacht stürmten die Truppen der Bourbonen die alte Handelsstadt am Mittelmeer, die treu auf Seiten der Habsburger (Österreicher) gestanden hatte.
Der feudale Herrscher duldete keine Demokratie, die seit 1248 durch Jaime I in Katalonien regierte. Zur Demütigung mussten die Händler Barcelonas hier selbst ihre Häuser niederreißen. Angeblich wolle man eine Zitadelle zur Sicherung des Hafens errichten. Eine solche wurde nie gebaut.

Auf den Ruinen ihres Handelszentrums entstand im Laufe der Geschichte ein neuer Marktplatz. Ende des 19. Jahrhunderts wurde auf dem großen Marktplatz eine herrliche Gründerzeit Halle errichtet und das Marktleben florierte wieder bis Anfang der 1970er Jahre die Halle wegen Baufälligkeit geschlossen wurde. Nach über 40 Jahren Baustelle hat man sie aufwendig renoviert und hierbei unter den Fundamenten die noch gut erhaltenen Mauerreste und Straßen des alten Barcelonas ausgegraben und nun diese verschüttete Geschichte wieder sichtbar gemacht. Erstaunlich gut sind die alten Straßen, die Kanäle, Speicher, Zisternen erhalten. Es braucht nicht viel Phantasie um die Freiheit, die die Katalanen seit 300 Jahren betrauern, hier zu atmen. So kann man für die Dauer des Museums-Besuches an dieser Stelle die Probleme der Globalisierung und der Moderne vergessen und von vergangener Freiheit und echter Demokratie träumen. Draußen schlägt einem dann wieder die grausame Wirklichkeit der modernen Politiker ins Gesicht: eine von Bäumen gesäumte Straße mit Pflaster-Romantik der 1900 Wende musste einem grauen Beton-Platz weichen, moderne Laternen aus kaltem blanken Stahl unterstreichen die Phantasielosigkeit der aktuellen Politiker und man wünscht sich Jaime, den Ersten, zurück.

Ein leckerer "Zwischenkaffee" in der ehemaligen Münze von Aragon bei dem Café "Hoffman a la Seca" versöhnt uns mit seinen preisgekrönten Croissants und dem frisch gerösteten Kaffee von Magnífico wieder mit der Gegenwart und wir gehen an der Bretzelbäckerei entlang, gegenüber dem Mosaikladen von Angelika, einer Deutschen, die in der c/Corders 11 nach Art des katalanischen Jugendstils Mosaik-Kurse anbietet (und hübsche Kleinigkeiten in "Trencadis" verkauft). Quer über die Via Laietana dann ging es wieder in den römischen Stadtkern durch Filmkuslissen von "Das Parfüm" zur Besichtigung des alten Augustus-Tempels und später des mittelalterlichen jüdischen Viertels, wo das einzige noch erhaltene "Opus Africanum" neben sichtbarer Architekturgeschichte lebt: ein Blick und man streift mal eben über 2000 Jahre, die hier in Stein stehen; Mauern aus der Römerzeit bis zur Satelliten-Antenne der Gegenwart. Über die Plaça del Pi an der romanischen Kirche entlang quer über die Rambla zur neuen Filmothek, wo sich die geleckte Moderne in Beton-Architektur daran versucht, die Straßenhuren und die Autochthonen zu verdrängen. Ein kleiner Besuch des mittelalterlichen Hospitals mit seinem Orangenhain ließ die ersten Stimmen nach etwas Essbarem rufen. Mit flottem Tritt ging es noch am Richard Meyer-Bau vorbei bis an die Ronda de Sant Antoní, wo sich das lange Zögern mit der Anmeldung rächen sollte. Die Cervesería Moritz lockte mit seinem leckeren Angebot an Speisen, Weinen und Bier, aber außer uns waren noch gefühlte 2,6 Mio. Leute aus Barcelona auf die Idee gekommen, hier essen zu wollen. Also zerstreuten sich hier am Ende der gut 5 km langen Tour durch den Teil der Stadt, der Barcelona so besonders macht, in die umliegenden Restaurants und dem Wunsch eines baldigen Wiedersehens beim Stammtisch, den Eva und Phillipp organisieren…

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