WISSENSWERT: Steuerliche Eilmaßnahmen in Spanien

03.05.2012 -  

Am 31. Dezember 2011 wurde im Staatsanzeiger die Königliche Rechtsverordnung 20/2011 über Eilmaßnahmen in Haushalts-, Steuer- und Finanzmaterien zur Korrektur des öffentlichen Defizits veröffentlicht.

Das Ausmaß und die Vielfalt der angestrengten Maßnahmen und deren Auswirkungen im spanischen Steuersystem sind beachtlich.

Im Bereich der Einkommenssteuer gilt für die Steuerjahre 2012 und 2013 ab dem 1. Januar 2012 eine Anhebung der Steuersätze. Für Lohnsteuereinbehalte gilt die Erhöhung erst ab dem 1. Februar 2012.
Beachtenswert ist, dass im Rahmen der Erhöhung zusätzlich auch immer der geltende Tarif einer jeweiligen autonomen Region zu berücksichtigen ist. Dies bedeutet, dass der Wohnort des Steuerpflichtigen ausschlaggebend für die Berechnung der Gesamterhöhung ist.
Die Erhöhung der Steuersätze gilt für die gesamte allgemeine Steuerbemessungsgrundlage, Einkünfte aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit, Immobilien, zu besteuerndes Spareinkommen etc., eingeschlossen.
Zu beachten ist auch, dass nicht alle autonomen Regionen von den ihnen zustehenden Möglichkeiten der Erhöhung der staatlichen Sätze um bis zu 50 Gebrauch gemacht haben.
So liegt der staatliche Höchststeuersatz des Lohnsteuereinbehaltes bei 52 , welchen Katalonien bspw. auf 56 anhebt, hingegen Madrid auf 51 reduziert.
Manche Autonomien greifen zu anderen Steuerarten, in denen ihnen die Befugnis zusteht die staatlichen Sätze zu erhöhen, wie zB. die Vermögensübertragungssteuer beim Immobilienkauf (Balearen 10)

Der allgemeine Steuersatz für beschränkt Steuerpflichtige (Nicht-Residente) wurde von 24 auf 24,75 erhöht.

Bezogen auf Kapitalerträge sowie auf ins Ausland überwiesene Einkünfte aus ständigen Betriebsstätten von nicht-ansässigen Körperschaften fand eine Erhöhung von 19 auf 21 statt.

Bei Einkünften aus der Überlassung von Bildrechten, Wertpapieren, Zinsen, Dividenden und Beteiligungen an gemeinsamen Anlagen, aus Preisgeldern, Kapitalerträgen sowie Einkünften aus der Vermietung oder Untervermietung von Immobilien findet eine Erhöhung des Einbehaltes von 19 auf 21 statt.

Der Steuersatz für Lohnsteuereinbehalte von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern wurde von 35 auf 42 erhöht.

Der allgemeine Steuersatz für die Körperschaftsteuer wurde ebenso mit mitgeteiltem, „vorübergehenden Charakter“ vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2013 von 19 auf 21 erhöht. Für die 2012 begonnenen Steuerperioden wurde die Anwendung des reduzierten Steuersatzes i.H.v. 20 - 25 für Körperschaften mit einem Umsatz von weniger als 5 Millionen Euro und einer durchschnittlichen Mitarbeiterzahl von weniger als 25 verlängert, dies allerdings unter der Bedingung, dass sie Arbeitsplätze erhalten oder schaffen.
Ebenfalls gilt weiterhin die Absetzbarkeit von Aufwendungen oder Investitionen im Bereich der Förderung und Nutzung von neuen Technologien durch Arbeitnehmer.

Hingegen ist keinerlei bedeutende Änderung im Zusammenhang mit den Teilzahlungen der Körperschaftsteuer eingetreten. Diese wurden lediglich gesetzlich geregelt. Artikel 45 der Neufassung des spanischen Körperschaftssteuergesetzes verweist nämlich nur auf das jeweils geltende Haushaltsgesetz. Ein solches existiert jedoch für das Jahr 2012 noch nicht, sodass die Regelungslücke geschlossen werden musste. Für die 2012 begonnen Steuerperioden gilt damit ein Steuersatz von 18 (Art. 25.2 des Körperschaftsteuergesetzes) und von 21 für die in Art. 45.3 des Körperschaftssteuergesetzes vorgesehene Berechnungsmodalität. Die Steuerbemessungsgrundlage errechnet sich aus dem Ergebnis der Steuerperiode mit Ausnahme derjenigen Körperschaften, deren Umsatz mindestens 20 Millionen Euro beträgt, in diesem Fall gilt ein Steuersatz von 24 oder 27, wenn der Umsatz mindestens 60 Millionen Euro beträgt.

Des Weiteren ist am 20. August 2011 die Königliche Rechtsverordnung 9/2011 in Kraft getreten, in dem die ausschließlich für 2011, 2012 und 2013 begonnenen Steuerperioden geltende Beschränkung beim Ausgleich von Verlustvorträgen verabschiedet wurde. Damit ist eine Beschränkung für den Ausgleich von Verlustvorträgen für diejenigen Unternehmen eingeführt worden, deren Nettoumsatz in den 12 vorangegangenen Monaten über 20 Millionen Euro betrug. Diese Änderung wird von einer Fristverlängerung von drei Jahren für den Ausgleich begleitet. Für die Steuerperioden gilt daher ab dem 1. Januar 2012 für jede Art von Unternehmen (d.h. unabhängig von ihrem Umsatz), eine maximale Frist zum Ausgleich von Verlustvorträgen von 18 Jahren. Diese Erweiterung betrifft all diejenigen Verlustvorträge, die zu Beginn der ersten Steuerperiode ab dem 1. Januar 2012 noch auszugleichen sind.
Im Hinblick auf die Umsatzsteuer wurde die Geltung einer allgemeinen Verpflichtung, eine informative Erklärung (Formular 340) über die in den USt.-Registerbüchern erfassten Informationen einzureichen, auf das Jahr 2014 verschoben. Diese informative Erklärung wird derzeit von den Steuerzahlern eingereicht, die sich für das System der monatlichen USt.-Rückerstattung (REDEME) entschieden haben.
Auch verbleibt es bei dem „superreduzierten“ Steuersatz von 4 auf Übertragung von Wohnraum durch Unternehmer an Privatpersonen. Der zunächst nur für den Zeitraum vom 20. August bis 31. Dezember 2011 vorgesehen war.
Am 18. September 2011 trat die Königliche Rechtsverordnung 13/2011 in Kraft, mit der die Vermögensteuer wieder eingeführt wurde. Es soll sich auch hierbei um eine bloß vorübergehende, lediglich die Steuerjahre 2011 und 2012 betreffende Maßnahme handeln, da bereits im Gesetz eine 100-prozentige Steuervergünstigung ab dem 1. Januar 2013 vorgesehen ist. Durch die Königliche Rechtsverordnung sind Neuerungen i. H. auf die Regelungen des Vermögenssteuergesetzes 19/1991 vom 6. Juni eingetreten, wie die Erhöhung des Grundfreibetrages für den Erstwohnsitz von 150.253,03 Euro auf 300.000 Euro. Der allgemeine Steuerfreibetrag wurde von 108.182,18 Euro auf 700.000 Euro angehoben.
Allerdings gilt auch hier dieser Freibetrag nur, wenn eine autonome Region keine andere Regelung festlegt.
Neu ist insoweit auch, dass dieser Freibetrag in gleicher Weise für beschränkt Steuerpflichtige gilt, d.h. für in Spanien Nicht-Ansässige mit entsprechendem Vermögen. Möglicherweise hängt diese Maßnahme mit dem Beschluss der Europäischen Kommission aus 2011 zusammen, gegen Spanien Klage zu erheben, nachdem sie mehrfach vergeblich aufgefordert hatte die Vorschriften für die Erbschafts- und Schenkungssteuer zu ändern, durch welche Residente gegenüber Nichtresidenten wegen Unvereinbarkeit mit der Garantie der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und dem freien Kapitalverkehr benachteiligt würden.
Es müssen nur diejenigen Steuersubjekte die Vermögenssteuer erklären, deren Steuerergebnis positiv ist, oder wenn diese Voraussetzung nicht greift, jedenfalls der Wert ihrer Güter oder Rechte 2.000.000 Euro überschreitet (zuvor 601.012,10 Euro).
Um die steuerlichen Auswirkungen der Änderungen für den Steuerpflichtigen feststellen zu können ist aber auch hier dessen Steuersitz zu berücksichtigen. Denn auch bzgl. der Vermögenssteuer sind die Regelungen der autonomen Regionen zu berücksichtigen, da in diesem Falle die Autonomien Kompetenzen zur Regelung des Steuerfreibetrages, Steuersatzes und von Steuerabzügen und -vergünstigungen zustehen.
Nach Einführen in 2011 der Verpflichtung den Finanzbehörden ein elektronisches Postfach zum Zwecke der ausschließlichen Zustellung zur Verfügung zu stellen, wurden nunmehr ausdrücklich die sogenannten "Höflichkeitstage" bestimmt, die es ermöglichen, der Behörde maximal 30 Tage im Laufe eines Jahres anzugeben, während derer seitens des Steuerpflichtigen keine elektronischen Benachrichtigungen an ein elektronisches Postfach erwünscht werden. Dies kann in einem zusammenhängenden, aber auch aufgeteilten Zeitrahmen erfolgen.
Um ein solches Postfach einzurichten hat der Steuerpflichtige zunächst aufwändig ein „digitales Zertifikat“ über die Webseiten der Fábrica Nacional de la Moneda y Timbre und der AEAT zu erlangen.

Bei der jährlichen SteuererkIärung der Transaktionen mit Dritten über mehr als 3.005,06.- Euro muss bereits das im März 2012 einzureichende Formular (347) für das Jahr 2011 eine Quartalsaufgliederung der Informationen enthalten. Für das Jahr 2012 und die darauffolgenden Jahre soll das Formular 347 bereits im Februar eingereicht werden.

Bezüglich der Grundsteuern, ebenso für die Jahre 2012 und 2013, wird ein System zur Erhöhung der Steuersätze eingeführt, in dem die Daten der letzten Katasterrevisionen der Immobilien zu berücksichtigen sind. Hier hängen die von der Erhöhung betroffenen Sätze, 10, 6 bzw. 4, von den aktuell in jeder Gemeinde gültigen Satz ab.

Die allgemeine Abgabenordnung wurde i. H. auf die Forderungen der Richtlinie 2010/24/EU vom 16. März über die beidseitige Amtshilfe bei der Beitreibung von bestimmten Steuerforderungen, Abgaben- und sonstige Maßnahmen (Amtshilfe, Informationsaustausch zwischen Behörden etc.) angepasst.


STEUER- UND ZOLLKONTROLLPLAN FÜR DAS JAHR 2012

Mittels der Resolution der Generaldirektion der staatlichen Finanzverwaltung vom 24. Februar 2012 wurde weiterhin die Aufstellung eines Generalkontrollplans für Steuern und Zoll verabschiedet. Die besagte Resolution enthält dieselben drei großen Handlungsziele, die bereits im letzten Steuerjahr verfolgt wurden:

- Überprüfung und Ermittlung von Steuer-und Zollbetrug.
- Kontrolle von Steuerbetrug bei der Einnahme von Steuern.
- Zusammenarbeit mit den Steuerverwaltungen der autonomen Regionen.

Frank Müller, Rechtsanwalt, Abogado, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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