HINTERGRUND: Der spanische Versicherungsmarkt weist viele Unterschiede auf

05.10.2007 - Confide - Oliver Passolt 

Auch wenn Spanien bereits seit langem zur Europäischen Union gehört und auch im Bereich Versicherungen durch die Umsetzung der Europäischen Vermittlerrichtline ein Angleichungsprozess im Gange ist, weist der spanische Versicherungsmarkt nach wie vor verschiedene lokale Besonderheiten auf.


1. Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherung


Wie in den meisten europäischen Ländern, gibt es in Spanien die Möglichkeit, die Policen, entweder als Mehrgefahren- oder aber als Allgefahrenpolicen, abzuschließen. Bei der ersten Variante werden die versicherten Schadenereignisse ausdrücklich im Versicherungsvertrag benannt, weitere Schadenereignisse sind nicht versichert. Bei der zweiten sind grundsätzlich alle Schadenereignisse versichert, außer denen, die im Vertrag ausgeschlossen sind.

Es ist in Spanien üblich, alle Schadenereignisse aus dem Sachversicherungsbereich in einer Gesamtpolice zu bündeln. Diese schließt neben Feuer, Explosion und Blitzschlag in der Regel auch Sturm, Hagel, Rauch sowie Leitungswasserschäden und Einbruchsdiebstahl ein. Einfacher Diebstahl ist auch in Spanien in fast allen Policen für Unternehmen von der Deckung ausgeschlossen.

Auch die durch gedeckte Sachschäden verursachten Betriebsunterbrechung kann über die gleiche Versicherungspolice gedeckt werden. Hierbei wäre zu prüfen, ob eine vollständige Betriebsunterbrechungsversicherung, in der Regel auf Basis des Rohertrages, abzuschließen ist oder ob eine Mehrkostenversicherung ausreicht, wie dies bei Bürobetrieben meist der Fall ist.

Naturgefahren sowie Terrorismus werden in Spanien über den Katastrophenpool "Consorcio" versichert. Bei jeder für ein in Spanien gelegenes Risiko abgeschlossenen Sachversicherung MUSS sowohl für die Consorcio Deckung gesorgt, als auch die entsprechende Prämie an den Versicherer/Pool abgeführt werden. Dies gilt auch bei Verträgen, die in Dienstleistungsfreiheit für in Spanien situierte Risiken abgeschlossen werden.

Hervorzuheben ist auch, dass es für die Zahlung der Consorcioprämie besondere zeitliche Zahlfristen gibt. Bei Nichteinhaltung dieser Fristen kann das Consorcio die Übernahme eines im Prinzip gedeckten Schadens verweigern. Dies ist auch bei Lokalverträgen zu berücksichtigen, die im Rahmen von internationalen Versicherungsprogrammen erstellt werden.


2. Betriebshaftpflichtversicherung


In Spanien, wie in Deutschland, umfasst die Betriebshaftpflichtversicherung verschiedene Deckungsbausteine wie:

Betriebsstättenhaftpflicht
Mieterhaftpflicht
Produkthaftpflicht

Die in Spanien überlicherweise anzutreffenden Deckungssummen sind etwas niedriger, als die, die in den meisten europäischen Ländern abgeschlossen werden. So sind für kleinere und mittelständische Unternehmen Versicherungsverträge mit Deckungssummen von 500 000 bis 1 000 000 Euro durchaus Standard.

Eine Besonderheit des spanischen Versicherungsmarktes ist die Arbeitgeberhaftpflicht. Es handelt sich hier um eine in Deutschland im Allgemeinen nicht bekannte Deckung. Über diesen Deckungsbaustein können Ansprüche versichert werden, die von Arbeitnehmern nach einem Arbeitsunfall an den Arbeitgeber gestellt werden, selbstverständlich nur in den Fällen, in denen der Arbeitgeber aufgrund eines Fehlverhaltens haftbar gemacht werden kann. In den meisten Verträgen wird für diese Deckung eine Unterbegrenzung von 150 000 Euro pro Opfer vereinbart.

Die Arbeitgeberhaftpflicht ist nicht mit der Arbeitsunfallversicherung zu verwechseln, die nicht über Versicherungsgesellschaften, sondern über die einschlägigen Träger, die spanischen "Mutuas", sicherzustellen ist.

Die Arbeitgeberhaftpflicht stellt in Spanien, in Bezug auf die Anzahl der Inanspruchnahmen sowie auf das Gesamtvolumen der Schadenzahlungen, die wichtigste Schadenursache der Versicherungssparte Haftpflicht dar.


3. KFZ-Versicherungen (gültig ab 2008)

Werden in Spanien in vielen Fällen über das Renting- oder Leasingunternehmen abgeschlossen. Auch hier ist es im Rahmen der europäischen Einigung vor kurzem zu Änderungen gekommen.

Die neuen Versicherungssummen für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung sind folgende:

a) Personenschäden: 70 Millionen Euro, unabhängig von der Anzahl der Geschädigten
b) Sachschäden: 15 Millionen Euro pro Schaden.

Diese Limits werden mit Hilfe von Indizes fortgeschrieben.

Im Einzelfall ist hinsichtlich Führerscheinneulingen, Übliche Fahrer und Gültigkeit des Führerscheines auf die Bestimmungen des Versicherungsvertrages zu achten, um im Schadenfall, Überraschungen in Bezug auf erhöhte Selbstbeteiligungen oder gar Deckungsverweigerungen zu vermeiden. Ebenfalls ist darauf zu achten, dass Gabelstapler, die sich auf allgemein genutzten Flächen bewegen können (in gewissen Fällen auch Ladekais), über eine eigene KfZ-Haftpflichtversicherung verfügen müssen.


4. Lebens- oder Unfallversicherungen

Außer wenn diese tarifvertraglich vorgesehen sind, werden in Spanien Lebens- und Unfallversicherungen in der Regel nicht für alle Mitarbeiter, jedoch des öfteren für Direktoren und Verkäufer abgeschlossen. Angeforderte Deckungen sind normalerweise eine zu bestimmende Versicherungssumme für den Todes- bzw. Invaliditätsfall. Sieht der Tarifvertrag jedoch die Erstellung solcher Policen vor, muss der Arbeitgeber diese abschliessen, da ansonsten im Einzelfall empfindliche Strafen durch die zuständige Aufsichtsbehörde verhängt werden können. Versichert gelten dann, alle bei der Sozialversicherung angemeldeten Arbeitnehmer.


5. Pensionspläne

Werden in Spanien in der Regel nur in Einzelfällen, meist für leitende Angestellte abgeschlossen.


6. Gruppen-Krankenversicherungen


Diese Art Versicherungsverträge werden in Spanien mehr und mehr abgeschlossen. Hierbei handelt der Arbeitgeber meist für alle Arbeitnehmer, sowie für deren Angehörige, einen Gruppenvertrag aus. Der Abschluss einer solchen Police bringt auch steuerliche Begünstigungen mit sich, da der Arbeitgeber sie auf der einen Seite als Kosten verbuchen kann, auf der anderen Seite stellen sie für den Arbeitnehmer bis zu derzeit 500 Euro pro Jahr kein zu versteuerndes Einkommen dar.

7. Persönliche Haftpflicht für Geschäftsführer und leitende Angestellte


Auch die spanische Gesetzgebung bietet vielfältige Möglichkeiten für Inanspruchnahmen von Dritten, so dass auch hier für eine Versicherung für die in Spanien tätigen Geschäftsführer und leitenden Angestellten gesorgt werden sollte. Dies kann eventuell über einen Gruppenvertrag über die Muttergesellschaft geschehen, oder aber über eine unabhängige Versicherung in Spanien. Bei der ersten Variante ist unbedingt auf die Definition des versicherten Personenkreises zu achten.

Kommentare (0) :

Artikel kommentieren
Artikel-Archiv