HINTERGRUND: Handtaschendiebstahl und Autoklau

31.01.2008 - Jenna Steenken 

Für viele wird das Ergebnis der europäischen Polizei-Statistik „European Crime and Safety Survey“ eine große Überraschung sein. Nach dieser Studie, die im Unterschied zu üblichen, auch die Straftaten erfasst, bei denen die Opfer keine Anzeige erstattet haben, ist Spanien das sicherste Land der Europäischen Union! Die repräsentative Studie kommt zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2005 nur neun Prozent der befragten Einwohner Opfer eines Verbrechens oder einer Straftat geworden seien. In Irland und Großbritannien dagegen, den „Spitzenreitern“ der Umfrage, gaben mehr als 20 Prozent an, binnen eines Jahres mindestens einmal Opfer einer Straftat geworden zu sein.

Dennoch genießt gerade Barcelona in punkto Sicherheit nach wie vor keinen guten Ruf. Warum subjektives Empfinden und objektives Ergebnis so auseinander gehen, sei an anderer Stelle zu klären. Klar ist, dass aufgrund der besseren Absatzlage deutlich mehr Autos verschwinden als zum Beispiel in Deutschland. Die Methode, Wagen mit ausländischen Kennzeichen unter einem Vorwand herauszuwinken oder abzudrängen ist sehr verbreitet, das Ziel ist Handtaschendiebstahl und manchmal eben auch der Autodiebstahl. Besonders oft sind hiervon Frauen betroffen.

Sabine K. wird bis heute nicht gerne an den Vorfall vor knapp zwei Jahren erinnert. Sie fuhr mit ihrem deutschen Wagen auf der AP7 von Sant Cugat Richtung Barcelona. Mit dabei waren ihre zwei und ein Jahr alten Kinder. Auf einmal gaben auf der Nebenspur die Insassen einer dunklen Limousine aufgeregte Zeichen. Eine Frau zeigte immer wieder wild gestikulierend auf die hintere Tür, wo das Baby saß. Sie tat dies so überzeugend, dass Sabine sich Sorgen machte, es sei etwas mit ihrem Kleinen und vorhatte, auf dem Standstreifen zu halten. 

Dies hatte sie noch nicht ausgeführt, als die Limousine sie auch schon nach rechts abdrängte und mit einer starken Bremsaktion zum Stehen brachte. „Das fand ich zwar schon sehr seltsam, aber richtig kapiert habe ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts“, sagt Sabine heute. Trotzdem drückte sie instinktiv sofort die Zentralverriegelung. „Einer der vier Insassen stieg aus, ging zum hinteren Teil meines Wagens und forderte mich auf, auszusteigen. Das wollte ich auf keinen Fall, aber da er nicht aufhörte zu insistieren, ließ ich das Beifahrerfenster ein Stück herunter.“

Sabine greift sich an den Kopf und sieht noch heute unfassbar aus. „Ich Idiot“, schiebt sie hinterher. Der Mann griff blitzschnell ins Fenster und schnappte sich ihre Tasche, die auf dem Beifahrersitz unter einem Kissen lag. Er sagte wieder, sie solle aussteigen, seine Stimme nahm Befehlston an. Erst jetzt realisierte Sabine richtig, worum es hier ging. Sie legte den Rückwärtsgang ein und setzte nach hinten. Der Mann lief zum anderen Auto und es raste davon.

Sabine stand unter Schock, verfuhr sich vor Schreck, obwohl sie nicht weit weg von zu Hause war. Geld und Ausweise aus der Handtasche waren ihr egal. Aber der Gedanke daran, was mit den Kindern passiert wäre, hätten sie das Auto mitgenommen geht ihr bis heute sehr nach.

Einen ähnlichen Fall erlebte Anja V. vor wenigen Monaten. Sie ließ sich sogar zum Aussteigen und Angucken des angeblichen Reifenschadens bewegen. Während die Frau des älteren Pärchens sie ablenkte, entwendete der Mann die Handtasche. Sie wehrte sich nicht, denn auch sie hatte ihre Tochter im Auto sitzen. Interesse an ihrem Wagen bestand dieses Mal nicht.

Weitere Varianten sind, an der Ampel wartenden Wagen unbemerkt einen Platten zu stechen oder imprägnierte Watte ins Auspuffloch zu stecken. Der Reifenwechsel oder das Nachsehen nach dem Rechten wird zum Diebstahl genutzt. Laut Polizei sind mit Abstand am häufigsten Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen und begehrte Marken wie Mercedes, Audi aber auch VW, betroffen. Wer in Spanien lebt, ist gesetzlich verpflichtet, seinen Wagen umzumelden. Man minimiert die Einbruch- und Diebstahlgefahr auf diese Weise erheblich.

Gerät man in eine Situation, in der man das Gefühl hat, bedrängt zu werden, sollte man so ruhig wie möglich weiter fahren und erst bei einer Polizeistation zum Halten kommen. Im Normalfall gibt der vermeintliche Täter auf, wenn er merkt, dass man auf seine Versuche nicht reagiert. Man sollte sich auch nicht davon täuschen lassen, wenn Frauen dabei sind, oder es sich um ältere Herrschaften handelt. 

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