HINTERGRUND: Wie sich die Immobilienkrise in Katalonien auswirkt

21.08.2008 - Julia Macher 

Wer der Immobilienkrise ins Gesicht sehen will, muss beim Spaziergang durch Barcelona, Girona oder Tarragona nur den Blick nach oben richten: An vielen Fassaden und Balkons flattern „Se vende“-Plakate; an Neubauten wird mit „Precios de construcción“ geworben. Der Immobilienmarkt ist eingebrochen. Laut Instituto Nacional de Estadística (www.ine.es) wurden in Katalonien diesen Mai nur halb so viele Wohnungen verkauft wie im Vorjahr. Wechselten 2007 noch 11 583 Immobilien den Besitzer, waren es dieses Jahr nur noch 5 548, das ist ein Einbruch von 52,1 Prozent. Im Gesamtjahresvergleich sanken die Immobilienverkäufe in Katalonien um 34,3 Prozent. Damit ist Katalonien eine der Regionen, die von der Krise am stärksten betroffen ist.

Die Lage ist vertrackt. Durch den hohen Stand des Euribors (5,4 Prozent Ende Juli) ist die Hypothekenbelastung von Privatpersonen so hoch wie nie zuvor. Doch wer - um seine Schuldenlast zu mindern - verkaufen will, wird seine Wohnung nicht los. Es mangelt an Interessenten. Die potenziellen Käufer warten entweder darauf, dass die Preise weiter fallen oder es fehlt ihnen an Geld. Denn nach Jahren der eigennützigen Großzügigkeit haben die Banken den Geldhahn geschlossen und besinnen sich auf Richtlinien. Antoni Baró, Direktor von La Caixa, stellte dieser Tage klar, dass nur 80 Prozent des Kaufpreises über eine Hypothek finanziert werden und eine Monatsrate ein Drittel des Netto-Einkommens nicht übersteigen dürfe. Wie wenig sich die Banken bisher an solche Maximen gehalten haben, zeigt ein Blick auf die Zahlen. Danach betrug 2007 das Durchschnitts-Brutto-Einkommen knapp 1 700 Euro, die Durchschnittsrate der Hypothek belief sich dagegen auf 825 Euro, also knapp die Hälfte.

Um Bewegung in den Markt zu bringen und Gering- und Mittelverdienern trotz Krise den Kauf von Wohnungen zu ermöglichen, hat die Generalitat ein Maßnahmenpaket verabschiedet, darunter der Bau von jährlich 10 000 „pisos concertados“, einer neu geschaffenen Mischform aus sozialem und regulärem Wohnungsbau. Die Wohnungen, die nicht größer als 80 Quadratmeter und nicht teurer als 300 000 Euro sein dürfen, werden von der Generalitat verwaltet und verkauft. Ihr Preis liegt ein Drittel unter dem des freien Wohnungsmarktes. Interessenten gewährt die Regionalregierung einen bis zu hundertprozentigen Kredit mit festem Zinssatz. Die Maßnahme richtet sich an Familien, die zu viel verdienen, um Anspruch auf eine Sozialwohnung zu haben, aber zu wenig, um sich auf dem freien Markt eine Wohnung kaufen zu können. Möglicher Käufer wäre beispielsweise ein Doppelverdiener-Paar mit einem Jahreseinkommen von 60 000 Euro brutto.

Im sozialen Wohnungsbau bemüht sich die Regionalregierung, Mieter zu Besitzern zu machen: Wer mehr als zehn Jahre in einem „piso de protección oficial“ zur Miete wohnt, erhält bei Kauf eine sechzigprozentige Ermäßigung. Eine weitere Maßnahme betrifft die neu gebauten Sozialwohnungen: Um zu verhindern, dass subventionierte Wohnungen wegen Zahlungsunfähigkeit des Käufers an die Bank fallen und sich danach auf dem regulären, freien Markt wiederfinden, hat sich die Generalitat ein Rückerwerbsrecht gesichert. Kann der Käufer einer Sozialwohnung seine Hypothek nicht zahlen und meldet sich insolvent, hat die Generalitat zwei Monate Zeit, die Wohnung zu einem Festpreis zurückzukaufen.

Auch wenn Bauunternehmen und Makler klagen, hat Barcelonas Wirtschaft eigentlich noch Glück gehabt. Denn das Baugewerbe macht nur sechs Prozent des Bruttoinlandproduktes der Stadt aus, die zu 76 Prozent von Dienstleistungen lebt. Das ist einer der Gründe, warum sich die Immobilienkrise in Katalonien bisher nicht im Anstieg der Arbeitslosenquote ausgewirkt hat - ganz im Gegenteil zu Regionen wie Madrid, deren Ökonomie sehr viel stärker auf wackeligem (Bau-)Grund stand.

Mehr Info zur Wohnungsbaupolitik der Generalitat finden Sie hier; Informationen zu Förderprogrammen für Mietwohnungen erhalten Sie hier.

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