INTERVIEW: Beat Macías Roth, Leiter der Zürichschule in Barcelona

16.07.2008 - Philipp Dyckerhoff 

Beat Macías Roth (siehe Foto) leitet gemeinsam mit seinem Bruder Khristian die Zürichschule in Barcelona. Die Schule wurde vor genau 40 Jahren von seinen Eltern, dem Ehepaar Macías-Roth, in Sarría gegründet. Monika Roth aus Zürich und der spanische Ingenieur José Manuel Macías begannen damals ein Projekt, dem sie ihr ganzes Berufsleben gewidmet haben und nun sogar noch einen Teil ihres Ruhestandes.

Was macht die Zürichschule in Barcelona besonders?

Die Zürichschule ist schon von ihrer Größe her eine sehr familiäre Schule mit nur etwa 300 Schülern und 35 Lehrern. Auch das Schulgebäude, eine alte Villa in Pedralbes – die die Zürichschule nutzt seit die Räumlichkeiten an der Calle Ifni zu klein wurden (die Calle Ifni haben wir beibehalten und für den Kindergarten eingerichtet) – gibt der Zürichschule eine besondere Atmosphäre. Ein wesentlicher Fokus in der Zürichschule liegt auf den Naturwissenschaften und den Sprachen – eine Prägung, die unsere Eltern der Schule gegeben haben.

Was unterscheidet die Zürichschule von den Schulen in der Schweiz?

Wir sind eine Privatschule ohne jegliche Subventionen. Wir bieten einen eigenen Lehrplan, der über den geforderten Durchschnitt hinausgeht. Die Reihenfolge der Sprachen unterscheidet sich natürlich auch von der in den Schulen in der Schweiz: Deutsch, Spanisch, Katalanisch und dann Englisch. Der kulturelle Hintergrund der Elternschaft und damit auch der der Schüler ist bunt gemischt. Wir haben ca. 70 Prozent rein spanische/katalanische Familien, die restlichen 30 Prozent besitzen einen deutschsprachigen oder anderen internationalen Hintergrund.


Was unterscheidet die Zürichschule von anderen internationalen Schulen in Barcelona bzw. in Spanien?

Wir sind wie eine kleine Familie. Das Arbeiten und Leben an der Schule ist humanistisch geprägt. Wir widmen uns an der Zürichschule unseren Schülern in besonderer Weise, auch weil wir in kleinen Gruppen arbeiten. Wir haben die wertvolle Unterstützung eines sehr professionellen psychopädagogischen Teams. Vor allem auch haben wir eine sehr motivierte Lehrerschaft, die meisten sind deutscher Herkunft – aber natürlich haben wir auch spanische Lehrer/innen. Unsere deutschen Lehrer und Lehrerinnen leben zum Großteil langfristig in Barcelona.

Welches pädagogische System wird an der Zürichschule umgesetzt?

Wir verstehen die Lehre an unserer Schule als eine Reihe von Aktionen, die darauf abzielen, den Lernprozess zu vereinfachen: letztlich ein natürliches Zusammenspiel zwischen den Schülern und den jeweiligen Lernthemen. Statt Konkurrenzdenken in einer Ellenbogengesellschaft fördern wir ein gesundes Wettbewerbsbewusstsein und die individuelle Persönlichkeitsentwicklung. Sehr wichtig ist die Gruppenarbeit, das sich gegenseitige Helfen und Unterstützen.

Wir ermutigen unsere Schüler, sich Ziele zu setzen und diese zu erreichen. Dabei steht die persönliche Anerkennung im Vordergrund, niemals gibt es materielle „Belohnungen“. Schon bei der frühkindlichen Erziehung im Kindergarten legen wir Wert darauf, dass unsere Schüler/lernen Genugtuung und Zufriedenheit erfahren durch das, was sie lernen und nicht durch irgendwelche Belohnungen. Weitere Punkte, auf die wir an der Zürichschule Wert legen:

- Entwicklung von kritischen und entscheidungsstarken, selbstständigen Menschen
- Förderung von Forschergeist und wissenschaftlicher Systematik – aus der Erziehungsaufgabe eine Art aktive ‚Entdeckungsreise’ zu machen
- Im Vordergrund steht einmal das „Lernen zu lernen“ und andererseits die Förderung des eigenständigen Denkens mit pädagogischer Hilfestellung und durch den Austausch mit den Klassenkammeraden

Welche Werte prägen die Zürichschule? 

Wir haben ein Motto, das in wenigen Worten unsere Werte zusammenfasst: „Ein gesundes Miteinander basiert auf dem gegenseitigen Respekt“. Daraus kann man ableiten, dass wir großen Wert auf Disziplin und Ordnung legen, immer aufbauend auf unserem humanistischen Ansatz. Wir arbeiten – soweit möglich – eng mit den Schülern und ihren Familien zusammen, vor allem in Fällen, die ein besonderes Engagement der Eltern erfordern.

Gibt es einen Ex-Alumni-Verband? Welches sind die Aktivitäten dieses Verbandes? 

Schon die Tatsache, dass viele unserer Schüler die lange Zeit vom Kindergarten bis zum Ende des 10. Schuljahres in einer letztlich recht homogenen Gruppe gemeinsam verbringen, schweißt sie auf ganz natürliche Weise zusammen. Hier entstehen viele lebenslange Freundschaften. Die Zürichschule hat keinen offiziellen Ex-Alumni-Verband, pflegt aber trotzdem einen regen Austausch mit ihren ehemaligen Schülern. Die Zürichschule schickt ihren Ex-Alumni die vierteljährlich erscheinende Schulzeitung sowie jährliche Weihnachtsgrüße. Wir arbeiten gerade an einer neuen Website, auf der ein Bereich für Ex-Alumni geplant ist. Im Jahr 2007 kamen aus Anlass der Ehrung für unseren Schulgründer José Manuel Macías mehr als 400 ehemalige Schüler der Zürichschule zusammen. Wir sind stolz darauf, dass vielen ehemaligen Schülern ihre Schule langfristig am Herzen liegt.

Gibt es eine Erhebung über den Erfolg der Absolventen der Zürichschule bei der Arbeitssuche?

Viele unserer ehemaligen Schüler sehen die Beherrschung der deutschen Sprache als einen wesentlichen Teil ihres beruflichen Erfolges. Viele haben in deutschsprachigen Ländern studiert, und wir wissen von einigen, die auch dort geblieben sind.

Unterstützt die Zürichschule ihre Absolventen bei der Arbeitssuche?

Es gibt keine aktive Unterstützung der Zürichschule bei der Arbeitssuche. Das ist schon deswegen kaum praktikabel, weil zwischen Verlassen der Schule und Berufsbeginn meist viele Jahre des Studiums bzw. der Ausbildung liegen. Anderseits wissen wir von Ehemaligen unserer Schule, die heute gute Positionen in der Wirtschaft bekleiden, dass Bewerber, die auf der Zürichschule waren, in den meisten Fällen zum Gespräch eingeladen und dann meist auch eingestellt werden.

Wie viele Schüler gibt es insgesamt in den verschiedenen Kategorien (Kindergarten, Primar- und Sekundarschule?

Wir haben insgesamt 300 Schüler, vom Kindergarten (schon ab 2 Jahren) bis zur 10. Klasse (16 Jahre). Die maximale Klassengröße sind 25 Kinder. In den jüngeren Gruppen (Kindergarten) gibt es jeweils zwei Gruppen zu je 12-13 Schülern, die dann in der Primarschule zusammenkommen. Doch auch in den ersten Primarschuljahren wird noch oft in kleinen Gruppen gearbeitet. Für bestimmte Fächer (Basteln, Kochen) mischen wir Kinder zwischen 5 und 7 Jahren auch in verschiedenen Arbeitsgruppen.
Insgesamt haben wir eine recht geringe Fluktuation bei unseren Schülern. Die Zürichschule pflegt einen engen Kontakt mit der Schweizer Schule Barcelona. Mit dieser gibt es schon deswegen einen besonders guten Kontakt, weil unsere Schüler nach der 10. Klasse dort bis zur Matura weitermachen können.

Wie hoch ist der Anteil Deutscher zu Spaniern?

Der größte Teil unserer Schüler sind Spanier. Viele Kinder haben ein deutschsprachiges Elternteil, und wir haben auch immer mehr Schüler, deren beide Elternteile deutsche Muttersprachler sind.

Welche Verbindungen gibt es in die Schweiz? Werden gemeinsame Aktivitäten (z.B. Feriencamps) oder Austauschprogramme angeboten?

Die Zürichschule organisiert Austauschprogramme größtenteils mit Deutschland. Seit circa 30 Jahren schicken wir Kinder in das Schullandheim Wegscheide in der Nähe von Frankfurt (im Spessart). Dort erleben die Kinder intensiv das deutsche Leben und die deutsche Kultur. Wir glauben, dass dieser Austausch gerade für die Motivation der Kinder sehr wichtig ist, Deutsch zu lernen und die deutsche Kultur zu erleben. Die Sprache sollte durch das Herz gelernt werden, nicht nur durch den Kopf. Andererseits organisieren wir für die älteren Jahrgänge einen Austausch mit einer Schule in Berlin. Zusätzlich bieten wir die Möglichkeit, Schüler während der Sommerferien zu deutschen Familien zu schicken. Während des Monats Juli bieten wir auch Sommerkurse in Deutsch an. Alle unsere Schüler legen die offiziellen Prüfungen des Goethe Instituts ab (von ‚Fit in Deutsch’ bis Mittelstufe C1).


Welche Rolle spielen außerschulische Aktivitäten für die Zürichschule?

Die Schulzeit ist von 8 bis 17 Uhr, so dass viele der zusätzlichen Aktivitäten (Gymnastik, Musik, Naturwissenschaften, etc.) in den normalen Tagesablauf integriert sind. Außerdem organisieren wir für die kleineren Kinder einen Tenniskurs, ansonsten kümmern sich auch die Eltern um weitere außerschulische Aktivitäten ihrer Kinder.

Wie beurteilen Sie das Thema der katalanischen Sprache im Zusammenhang mit der Zürichschule?

In der 3. Klasse der Grundschule beginnen die Kinder mit Katalanisch. Es ist eben so, dass jemand, der an einer katalanischen Universität studieren möchte, Katalanisch beherrschen muss. Wir widmen mehr Zeit dem Deutschen, dem Spanischen und der Mathematik, aber wir wollen, dass unsere Schüler auch ein gutes Niveau im Katalanischen haben, wenn sie unsere Schule verlassen.


Das Gespräch führte

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