KOMMENTAR: Altersvorsorge und Steuern

14.10.2008 - Philipp Dyckerhoff 

Die staatlichen Rentensysteme können in Gesellschaften mit niedriger Geburtenrate langfristig nicht nachhaltig funktionieren, weil sie auf dem Umlageverfahren beruhen. Die heute Produktiven bezahlen mit ihren Rentenversicherungsbeiträgen direkt die Renten der heutigen Rentner, das System hat keinerlei Rücklagen oder Reserven. Damit liegt eine intakte Bevölkerungspyramide zugrunde.

Diese ist aber nicht mehr gegeben: Immer weniger junge und damit produktive Menschen stehen einer stetig steigenden Anzahl von älteren, meist nicht mehr arbeitenden Menschen gegenüber. Neben den viel zu niedrigen Geburtenraten (ausreichend für den Bevölkerungserhalt in einer Gesellschaft ist eine Geburtenrate von etwas über 2, in Spanien liegt sie bei ca. 1,2 und in Deutschland bei ca. 1,3) wird das Problem durch die stetig steigende Lebenserwartung verschärft. Zuwanderung wird immer wieder als Lösung gesehen, insbesondere in Spanien. Diese Lösung ist jedoch unrealistisch, soll aber hier nicht weiter diskutiert werden.

Immerhin wird das Problem von immer mehr Regierungen in den EU-Ländern (endlich) erkannt – wenn auch Jahrzehnte zu spät! Bekannt ist diese Problematik schon lange, gehandelt wurde und wird aber erst recht spät. Kaum etwas lässt sich so gut prognostizieren wie die Bevölkerungsentwicklung, weil die Zukunft hier ganz wesentlich von der aktuellen (=bekannten!) Geburtenrate abhängt. Und dass die Geburtenrate sich kurzfristig massiv ändert, ist sehr unwahrscheinlich. Außerdem würde eine heute stark erhöhte Geburtenrate für die Altersvorsorge erst in mehr als 30 Jahren relevante Auswirkungen haben.

So haben auch Spanien und Deutschland verschiedene Reformen umgesetzt, welche durch steuerliche Förderung der Altersvorsorge Anreize schaffen, private Altersvorsorge zu betreiben und damit die staatlichen Rentensysteme mit der Zeit zu entlasten. Wesentliches Ziel ist es dabei, die umlagefinanzierten durch kapitalgedeckte Systeme zu ergänzen und hoffentlich mittelfristig ganz zu ersetzen. Kapitaldeckung bedeutet, dass sich jeder individuell durch monatliche oder jährliche Sparpläne einen Kapitalstock aufbaut. Dieser kann bei Rentenbeginn entweder durch direkte Entnahme oder durch Umwandlung in eine lebenslange Rente für die Finanzierung des Lebens im Ruhestand genutzt werden. Eine zumindest teilweise Verrentung ist dabei sinnvoll, um das Problem zu vermeiden, dass „am Ende des Geldes noch Leben übrig ist“. Eine langfristige Finanzplanung sollte diese Aspekte berücksichtigen.

Ein Prinzip der steuerlichen Förderung ist – und das gilt sowohl für Spanien als auch für Deutschland – dass man die steuerlichen Subventionen nur einmal bekommt: entweder beim Ansparprozess oder in der Entnahmenphase (=Rentenbezugszeit). Dabei gibt es zwei Modelle: (1) Absetzbarkeit der Sparbeiträge (also Sparen aus dem Bruttoeinkommen) verbunden mit (meist voller) Versteuerung der Auszahlungen im Ruhestand und (2) Sparprozesse aus dem versteuerten (also Netto-) Einkommen verbunden mit Steuervorteilen bei der Auszahlung. Im ersten Fall handelt es sich um eine Steuerverschiebung in die Zukunft. Dies macht für die meisten Menschen schon deswegen Sinn, weil sie im Ruhestand einen niedrigeren Steuersatz haben werden als in der produktiven Zeit. Die Steuern werden also in einen Zeitraum verschoben, in dem sie nicht mehr so hoch sind. Der zweite Fall dürfte interessanter sein für Menschen, die im Ruhestand ein hohes zu versteuerndes Einkommen erwarten oder für solche, die die Höchstbeträge für die steuerlichen Subventionen in der Ansparphase schon ausgeschöpft haben.

In Spanien ist der Plan de Pensiones (für alle Steuerzahler nutzbar) die Umsetzung der ersten Variante, in Deutschland sind es die betriebliche Altersvorsorge und Riesterverträge (beides nur für Angestellte) und auch die Rüruprente (für alle Steuerzahler nutzbar). In allen Fällen gibt es Höchstbeträge, die man steuerlich absetzen kann. Die weiteren, teilweise komplexen Details zu den einzelnen Durchführungswegen würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen, bei Bedarf gibt der Autor gerne Auskunft.

Die so genannten PIAS (Plan Individual de Ahorro Sistemático) sind in Spanien der Vertreter der zweiten Variante, in Deutschland sind es die “alten” Lebensversicherungsmodelle, die man bis Ende 2004 abschließen konnte. Seit 2005 gibt es nur noch eine teilweise steuerliche Vergünstigung für diese deutschen Lebensversicherungsmodelle mit Einmalauszahlung, bei Auszahlung als lebenslange Rente ist der Steuervorteil allerdings sogar größer als früher.

Generell gilt (in Spanien und in Deutschland), dass man im Normalfall auf das mit steuerlichen Subventionen angesparte Geld frühestens mit 60 Jahren Zugriff hat. Dies mag zwar eine unschöne Einschränkung sein, erklärt sich aber dadurch, dass die Gesetzgeber die staatliche Förderung zweckgebunden für die Altersvorsorge anbieten und der „Gefahr“ entgehen wollen, dass Menschen diese Gelder schon früher aufbrauchen und dann im schlimmsten Fall später doch zu Sozialfällen werden und der Gesellschaft auf der Tasche liegen.

Aus dem gleichen Grund erklärt sich auch bei einigen Durchführungswegen (Rürup, teilweise Riester und PIAS) die Beschränkung der Entnahme auf lebenslange Renten. In verschiedenen Fällen wird die Rentenzahlung gegenüber der Einmalauszahlung steuerlich begünstigt: einmal dadurch, dass man bei Einmalauszahlung im Auszahlungsjahr sehr schnell in eine hohe Steuerprogression kommt (Plan de Pensiones und betriebliche Altersvorsorge, teilweise Riester) und andererseits durch steuerliche Besserstellung der Rentenzahlung: in Deutschland für in der Ansparphase nicht steuerlich geförderte Rentenversicherungen – hier sinkt sogar die Höhe des dem zu versteuernden Einkommens zuzurechnenden Teils der Rente mit dem Rentenbeginnalter – und in Spanien für Planes de Pensiones (diese Änderung wird zumindest diskutiert, ist möglicherweise mittlerweile sogar schon beschlossen).

Die Grundprinzipien der steuerlichen Förderung der Altersvorsorge sind in Spanien und Deutschland mittlerweile sehr ähnlich, sicherlich ein Erfolg der Bestrebungen der EU, Vieles länderübergreifend zu vereinheitlichen. Die Umsetzung ist in Deutschland wesentlich komplizierter als in Spanien. Ganz schwierig bzw. scheinbar weitestgehend ungelöst ist das Thema der gegenseitigen steuerlichen Anerkennung von Altersvorsorgebausteinen, also zum Beispiel die steuerliche Absetzbarkeit von deutschen Altersvorsorgebausteinen in Spanien und umgekehrt. Bald mehr dazu auf diesem Portal.


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