KOMMENTAR: Katalanen übertreiben mit ihrer Sprachpolitik

08.10.2007 - Clementine Kügler 

Die Frankfurter Buchmesse eröffnet mit dem Ehrengast Katalonien. Erstmals ist nicht ein Land, sondern eine autonome Region eingeladen. Damit ist in der Literatur etwas gelungen, was international als unsportlich gilt: der Antrag Kataloniens 2005, als Staat bei den Rasenhockeymeisterschaften anzutreten, wurde abgelehnt. Mit der Begründung der Staat ist Spanien. Daraufhin zog Katalonien seine Unterstützung der Kandidatur Madrids für die Olympischen Spiele 2012 zurück. Reaktion der konservativen und nationalistischen Politiker auf die Autonomiebestrebungen war damals der Cava-Boykott. Ausgerechnet zu Weihnachten und Neujahr wurde der katalanische Sekt bestreikt. 

Das mag dem einen oder anderen erst die Zunge gelöst haben. Womit wir bei der Sprachpolitik wären. Das Zurückdrängen des Spanischen, das über 400 Millionen Menschen sprechen, an den Schulen zugunsten des Katalanischen, das hochgeschätzt neun Millionen Menschen beherrschen, ist nicht nur für vorübergehend dort lebende Ausländer, die ihre Kinder auf katalanische Schulen schicken, sondern auch für manchen überzeugten Katalanen ein Problem. 

Inzwischen wird von jungen Wissenschaftlern berichtet, die keinen druckreifen Text mehr auf Spanisch schreiben können. Das schränkt die Reichweite und Außenwirkung der an sich so kosmopolitischen Region sehr ein. Zulauf haben dafür die internationalen Schulen, auch die Deutsche. Doch der Einfluss des Katalanischen soll noch verstärkt werden, wie Ministerpräsident Montilla klar zugibt. Auch die Pausenzeit, in der die Schüler bisher die Sprache benutzen konnten, die sie wollten, wurde kurzerhand zu Unterrichtszeit erklärt. Jetzt darf nur auf Katalanisch geredet, gesungen und geflucht werden. 

Die offiziell verbürgte Zweisprachigkeit weicht der eindeutigen Bevorzugung des Katalanischen. Informationen und Formulare an öffentlichen Einrichtungen, seien es Krankenhäuser, Anträge für Subventionen oder für Berufsschulen, gibt es nur auf Katalanisch, klagen Bürger. Die aus Uruguay stammende mehrsprachige Wahlkatalanin Cristina Perri Rossi, die 1992 den Poesie-Preis der Stadt Barcelona gewonnen hatte, wurde nach zweijähriger Mitarbeit aus einer Gesprächsrunde bei Catalunya Radio ausgeladen, weil sie dort Spanisch und nicht Katalanisch sprach. Sie könne sich besser auf Spanisch ausdrücken, gab sie zu Antwort und bislang sei das kein Problem gewesen: Barcelona versteht Spanisch. Und versteht Spaß: die Produktion von Pornofilmen erhält auf Initiative der katalanistischen Partei ERC offizielle Subventionen - sofern nur katalanisch gestöhnt wird. 

Francisco Camps, der Regierungschef der benachbarten Region Valencia, die um die feinen Unterschiede zwischen dem Katalanischen und dem Valencianischen kämpft, hat sich aus der Polemik um das neue Unterrichtsfach Staatsbürgerkunde (Educación para la Ciudadanía) gezogen, indem er vorschlug, das Fach solle auf Englisch unterrichtet werden. Er meint das völlig ernst: Man müsse nicht nur Englisch beibringen, sondern auf Englisch unterrichten. Was eignet sich da besser als "Education for the Citizenship"?

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