NEWS: Justiz ermittelt im spanischen Königshaus

17.11.2011 - Hamburger Abendblatt 

War es doch eine Flucht? Viele staunten nicht schlecht, als der Herzog von Palma de Mallorca und frühere Weltklasse-Handballer, Iñaki Urdangarin, 43, vor zwei Jahren mit seiner Gattin, der Infantin Cristina, 46, nebst den vier Sprösslingen des Paares unvermittelt von Barcelona nach Washington umzog. Damals hieß es, auf den hochgewachsenen Schwiegersohn von Spaniens König Juan Carlos, 73, warteten neue berufliche Herausforderungen. Der spanische Telefonriese Telefónica hatte ihm einen lukrativen Job zugeschanzt. Urdangarin wurde zum "Präsidenten der Kommission für öffentliche Angelegenheiten des Aufsichtsrats auf dem amerikanischen Kontinent" gekürt - eine elegante Umschreibung für Lobbypolitik möglichst fern der Heimat, die der gut aussehende Baske fortan betreiben sollte.

Der Herzog von Palma muss sich womöglich vor Gericht verantworten

Doch jetzt stellt sich heraus, dass der Sprung über den Ozean wohl nicht ganz freiwillig geschah. Die spanische Justiz ist dem ehemaligen Olympia-Sportler auf der Spur. Es geht um Betrug. Am Freitag distanzierte sich das Königshaus und somit Juan Carlos von Urdangarin. Sollte der Herzog angeklagt werden, müsse er sich "wie jeder gewöhnliche Bürger" verteidigen, zitiert die Zeitung "El Mundo" Insider aus dem Zarzuela-Palast.

Die Vorwürfe gegen den Mann der Infantin - die spanische Form der Prinzessin - gehen zurück auf die Jahre 2004 bis 2006. Damals soll Urdangarin als Präsident einer angeblich gemeinnützigen Stiftung namens Nóos mit Partnern große Summen öffentliches Geld veruntreut haben. Es ist das erste Mal, dass ein Mitglied der Königsfamilie in den Bannkreis der Justiz gerät. Die Ermittlungsrichter in Mallorca untersuchen auch, ob ein Teil in Steuerparadiesen in der Karibik versteckt ist.

Das Prinzip war einfach. Urdangarin bekam von den früheren Regierungschefs der Balearen und Valencias - beide wegen Korruptionsvorwürfen schon längst nicht mehr im Amt - den Auftrag, Veranstaltungen für Sport und Tourismus auszurichten. Sein Firmengeflecht kassierte dafür vier Millionen Euro. Das Problem ist, dass viele Rechnungen und Belege fehlen, die die hohen Kosten rechtfertigen. Auch eine öffentliche Ausschreibung gab es nicht. Die beiden Veranstaltungen, Expertengespräche des "Illes Balears Forum Sport And Tourism Global Network for Development of Regions" dauerten jeweils nur zweieinhalb Tage und fanden vor der Öffentlichkeit weitgehend verborgen statt. Der balearische Untersuchungsrichter José Castro ermittelt offiziell gegen 13 Verdächtige, unter ihnen auch der Schwiegersohn von König Juan Carlos. Anfang der Woche sind die Büros mehrerer Firmen in Barcelona durchsucht worden, die von Aufträgen der Stiftung profitiert hatten, obwohl diese sich doch "Gemeinnützigkeit" auf die Fahnen geschrieben hatte.

Die wundersame Geldvermehrung des Herzogspaares fiel erstmals auf, als beide vor sieben Jahren in Pedralbes, einem der teuersten Viertel von Barcelona, einen Palast mit einer Wohnfläche von 1200 Quadratmetern kauften und dafür sechs Millionen Euro hinblätterten. Diese Summe war selbst mit den Zuwendungen für Mitglieder des Königshauses und den Einkünften der Infantin, die für die Kulturstiftung der katalanischen Sparkasse La Caixa arbeitet, schwerlich zu bestreiten. Allerdings wird das Privatvermögen auf 16 Millionen Euro geschätzt.

Bisher hat es der Herzog vermieden, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen, muss aber in Kürze mit einer Vorladung vor Gericht rechnen. Rückendeckung vom König blieb bisher aus. Es sei "logisch", dass sich Urdangarin selbst um "das Funktionieren seines Privatlebens" kümmern müsse, verlautet aus Hofkreisen.

Das ist vielleicht ein Indiz dafür, dass der gesundheitlich angeschlagene Monarch, er hatte einen Tumor und erhielt ein künstliches Kniegelenk, seiner Schwiegersöhne inzwischen überdrüssig ist. Schon die Scheidung von Jaime de Marichalar y Sáenz de Tejada, 48, und der ältesten Infantin Elena, 47, hatte in Spanien Staub aufgewirbelt. Schließlich ist das Königshaus katholisch, und ein solcher Schritt galt als Bruch mit den Traditionen. Und nun steht das nächste Problem an - Ermittlungen der Justiz im Königshaus.

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