NUTZWERT: SL oder SA

16.11.2009 - Rechtsanwältin Stefanie Kohnert 

Die wichtigsten und beliebtesten Gesellschaftsformen in Spanien sind einerseits die SL (sociedad de responsabilidad limitada), die einer deutschen GmbH ähnelt, und andererseits die SA (sociedad anónima), die mit einer deutschen Aktiengesellschaft zu vergleichen ist.

1. Gemeinsamkeiten

SL und SA können zu jedem erlaubten Zweck gegründet werden, sind jedoch Kraft Gesetzes stets Handelsgesellschaften, sodass das Handelsgesetzbuch auf sie anwendbar ist.

Bei beiden Gesellschaftsformen handelt es sich um juristische Personen, d.h. sie verfügen über eine eigene Rechtspersönlichkeit und die Gesellschafter haften für die Gesellschaftsschulden nur bis zur Höhe ihrer Geschäftseinlagen. Dadurch ist das unternehmerische Risiko bei beiden Gesellschaftsformen relativ überschaubar.
Weitere Gemeinsamkeit von SL und SA ist die Möglichkeit der Fremdorganschaft. Fremdorganschaft bedeutet, dass auch Nichtgesellschafter zu Gesellschaftsorganen bestellt werden können.

Hinsichtlich der Anzahl der Gesellschafter besteht bei beiden Gesellschaftsformen die Möglichkeit einer Einmanngesellschaft. Das heißt, sowohl SL als auch SA können von nur einer natürlichen oder juristischen Person gegründet werden.

Ferner sind SL und SA als Kapitalgesellschaften grundsätzlich vom Bestand ihrer Gesellschafter unabhängig, sodass die Gesellschaftsanteile frei übertragen werden können. Hier gelten jedoch bei der SL einige Besonderheiten. Freie Übertragbarkeit besteht bei der SL nämlich nur zugunsten von anderen Gesellschaftern, zugunsten von Familienangehörigen von Gesellschaftern sowie zugunsten von anderen Gesellschaften, die derselben Gruppe angehören. In allen anderen Fällen können die anderen Gesellschafter ein gesetzliches Vorkaufsrecht geltend machen, wenn die Übertragbarkeit nicht bereits in der Satzung ausgeschlossen wurde.

Satzungsänderungen bedürfen bei SL und SA einer notariellen Beglaubigung und müssen ins Handelsregister eingetragen werden.


2. Die wichtigsten Unterschiede

Offensichtlichster Unterschied zwischen SL und SA ist die Höhe des Stammkapitals, das zur Gesellschaftsgründung erforderlich ist. Während für die Gründung der SL ein Stammkapital von 3 005,06 Euro ausreicht, erfordert die SA mindestens 60 101,21 Euro. Jedoch muss bei der Gründung einer SA nicht sofort das gesamte Stammkapital aufgebracht werden, sondern 25 Prozent (also 15 025,30 Euro) sind zunächst ausreichend. Nur Anteile an einer SA werden Aktien genannt und können an der Börse gehandelt werden.

Ein wichtiger Unterschied besteht auch hinsichtlich der Geschäftsführung der beiden Gesellschaften. Während bei der SA die Art der Geschäftsführung bereits in der Gesellschaftssatzung festgelegt werden muss, besteht bei der SL in dieser Hinsicht deutlich mehr Flexibilität.

Bei der SL kann die Art der Geschäfts¬führung nämlich in der Gesellschaftssatzung offen gelassen werden, sodass die Generalversammlung die Art der Geschäftsführung durch Beschluss und ohne die Notwendigkeit einer Satzungsänderung nach Belieben verändern kann. Des Weiteren können Geschäftsführer auf unbestimmte Zeit bestimmt werden. Bei der SA hingegen setzt eine spätere Veränderung der Geschäftsführung stets eine Satzungsänderung voraus. Geschäftsführer können außerdem auf maximal sechs Jahre bestimmt werden. Nur die Satzungsänderung einer SA muss zusätzlich zur notariellen Beurkundung und Eintragung ins Handelsregister in der Zeitung veröffentlicht werden.

3. Auswahl der passenden Gesellschaftsform 

Die SL ist die historisch jüngere, aber mittlerweile am weitesten verbreitete Gesellschaftsform in Spanien. Sie ist besonders geeignet für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Familienbetriebe. Das liegt einerseits daran, dass sie mit nur 3 005,06 Euro Mindeststammkapital eine für jedermann erreichbare Gesellschaftsform bietet und andererseits in ihrer Ausgestaltung besonders flexibel ist. Da hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung einer SL nur wenige zwingende gesetzliche Vorschriften bestehen, kann die SL genau auf die spezifischen Bedürfnisse des oder der Gesellschafter zugeschnitten werden und auch eine nachträgliche Anpassung an sich verändernde Gegebenheiten ist unproblematisch.

Durch die Beschränkung der freien Veräußerlichkeit von Gesellschaftsanteilen und das Vorkaufsrecht der anderen Gesellschafter kann schließlich sichergstellt werden, dass ein einzelner Gesellschafter seinen Anteil nicht an eine von den anderen Gesellschaftern unerwünschte dritte Person übertragen kann

Die SA, die demgegenüber deutlich mehr Stammkapital erfordert und in ihrer rechtlichen Ausgestaltung weit weniger flexibel ist, bietet die geeignete Gesellschaftsform für große Unternehmen. Bereits die Bezeichnung und Ausgestaltung als SA vermittelt nach außen den positiven Eindruck eines großen und zahlungskräftigen Unternehmens und verleiht dem Geschäft dadurch Prestige und besonderes Ansehen.

Desweiteren ist bei der SA die Einbindung neuer Gesellschafter in den bestehenden Unternehmensaufbau wesentlich leichter, als bei der SL, da hier die Gesellschaftsanteile in der Form von Aktien leicht veräußert werden können. Die SA ermöglicht ferner die Aufbringung eines großen Kapitalbedarfs durch den Verkauf von Gesellschaftsanteilen an eine Vielzahl von Personen.

Bei Unsicherheit darüber, welche Gesellschaftsform im Einzelfall die passendere ist oder bei knappen Finanzen ist es durchaus ratsam, zunächst eine SL zu gründen. Es besteht nämlich die Möglichkeit, die SL später bei Bedarf in eine SA umzuwandeln.

Kommentare (0) :

Artikel kommentieren
Artikel-Archiv
  • 19.04.2018 [Kommentare: 0]

    Die Auslieferung Puigdemonts im deutschen Recht

    Am 25. März wurde der katalanische Präsident Carles Puigdemont auf der Rückreise von der Universität Helsinki über Belgien von der deutschen Polizei in Schleswig-Holstein festgenommen. Der spanische Centro Nacional de Inteligencia hatte das Bundeskriminalamt informiert, als sich Puigdemont von Finnland auf den Weg machte, und das.. Artikel weiterlesen

  • 17.10.2016 [Kommentare: 0]

    Spanische Banken stehen vor Klagen in Miliardenhöhe

    Das Oberste Gericht in Spanien hat im Dezember 2015 ein Grundsatzurteil gesprochen: Etwa 80.000 deutsche Immobilienkäufer können verlorene Anzahlungen von rund 1,6 Milliarden Euro von den spanischen Banken zurückfordern. Die Finanzinstitute sind verpflichtet, die Anzahlungen für eine Immobilie in Spanien im Falle einer Insolvenz des.. Artikel weiterlesen

  • 17.11.2014 [Kommentare: 0]

    Spanisches Erbrecht unter besonderer Berücksichtigung der Unterschiede zur Rechtslage in Deutschland

    Spanien ist im Bereich des Erbrechts und des Ehegüterrechts ein Mehrrechtsstaat, in dem die individuellen Regelungen einzelner autonomer Regionen der Anwendung des gemeinspanischen Erbrechts vorgehen können. Es existiert somit kein einheitliches spanisches Erbrecht, sondern es gelten verschiedene, regionale Rechtsordnungen sogenannte.. Artikel weiterlesen

  • 16.11.2013 [Kommentare: 1]

    NUTZWERT: Erben und Vererben: Die 10 wichtigsten Fragen für Spanien-Deutsche

    Vergangenen Montag referierte u.a. Dr. Hans Hammann zum Thema Erben und Vererben in Spanien in Empuriabrava. Der erste Teil “Erben und Vererben: Die zehn wichtigsten Fragen für Spanien-Deutsche”.Etwas vereinfacht gesagt gibt es drei Gruppen von Deutschen, die in Spanien leben: "Spanien-Deutsche", die seit vielen.. Artikel weiterlesen

  • 19.07.2013 [Kommentare: 0]

    NEWS: Erbschaftssteuer aus Katalonien in Madrid zahlen

    Die nicht residenten Ausländer in Spanien müssen die Erbschafts-und Schenkungssteuer in Madrid entrichten. Das war nach dem Buchstaben des Gesetzes schon seit vielen Jahren so, wurde aber nie eingehalten, weil die Generalitat von Katalonien diese Einkünfte gerne selbst kassierte und Madrid dies tolerierte. Diese guten Zeite.. Artikel weiterlesen

  • 28.06.2012 [Kommentare: 0]

    NEWS: Reform Arbeitsrecht Spanien: Arbeitsrechtliche Eilmaßnahmen

    Nachdem bereits am 31. Dezember 2011 im Staatsanzeiger die „Königliche Rechtsverordnung 20/2011 über Eilmaßnahmen in Haushalts-, Steuer- und Finanzmaterien zur Korrektur des öffentlichen Defizits“ mit beachtlichen Auswirkungen im spanischen Steuersystem veröffentlicht worden war, wurden nunmehr auch i.. Artikel weiterlesen

  • 12.06.2012 [Kommentare: 0]

    WISSENSWERT: Die Testamentsgestaltung bei Geschiedenen und Patchwork-Familien

    Das ohnehin komplexe Thema der Nachfolge- und Testamentsplanung wird bei deutsch-spanischen Geschiedenen und Patchwork-Familien so unüberschaubar, dass Betroffene am liebsten die Finger davon lassen würden. Da das aber nicht die Lösung sein kann, zumindest dann nicht, wenn man seinen Nachkommen böse Überraschungen.. Artikel weiterlesen

  • 23.05.2012 [Kommentare: 0]

    WISSENSWERT: Ihr letzter Wille zählt!

    Wer verschafft Ihrem letzten Willen Geltung? Sie werden es ganz bestimmt nicht mehr sein. Und können Sie sicher sein, dass Ihre Nachkommen ein von ihnen gefundenes Testament auch tatsächlich dem Nachlassgericht vorlegen? In Spanien gibt es hierfür ein Testamentsregister (Registro de última voluntad). In Deutschland g.. Artikel weiterlesen

  • 07.05.2012 [Kommentare: 0]

    WISSENSWERT: Haben Sie für Ihren Erbfall vorgesorgt?

    Im Oktober 2009 hat die EU-Kommission einen Entwurf für die geplante EU- Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) vorgelegt. Diese wird voraussichtlich schon 2012 in Kraft treten und ist besonders für all diejenigen Deutschen, die in Spanien ihren gewöhnlichem Aufenthalt haben, von grosser Bedeutung. Bislang galt, dass die im Rahmen .. Artikel weiterlesen

  • 25.09.2011 [Kommentare: 0]

    NUTZWERT: Deutsch-spanische Patchwork-Familien

    Nicht erst in den letzten Jahren haben Patchwork-Familien stark zugenommen. Werden in die zweite Ehe Kinder aus erster Ehe mitgebracht, führt dies in der Praxis oft zu konfliktträchtigen Situationen. Einerseits geht es regelmäßig um die Frage der subjektiven Gleichbehandlung der Kinder - vor allem Sicht der Kinder. Hi.. Artikel weiterlesen