NUTZWERT: Sicher unterwegs

25.11.2011 - Doris Oberleiter / Barcelona für Deutsche 

Enge Straßen, viele Autos, Motorräder, Lastwagen, Busse, Fahrräder und Fußgänger. Dazu Stress, Hektik und Ablenkung durch Beifahrer, Handy, Werbeplakate usw. - der Stadtverkehr fordert viel von seinen Teilnehmern. Offensichtlich zu viel, schaut man sich die Unfallzahlen an: 1.200.000 Unfälle im gesamten EU Raum wurden im Jahr 2009 von der europäischen Datenbank für Verkehrsunfälle mit Personenschäden (CARE) registriert. Rund zwei Drittel dieser Unfälle passieren Innerorts. Circa 48 Prozent der dabei getöteten Verkehrsteilnehmer sind Fußgänger und Radfahrer. 470 getötete Fußgänger und 56 verunglückte Radfahrer waren es im Jahr 2009 in Spanien, in Deutschland kamen 591 Fußgänger und 375 Radfahrer bei Verkehrsunfällen ums Leben.
Zufußgehen und Radfahren sind die einfachsten, günstigsten, gesündesten und umweltverträglichsten Möglichkeiten der Fortbewegung. Gerade in Städten und Innerorts kann man viele Wege auf diese Art und Weise zurücklegen. Doch Fußgänger und Radfahrer sind auch die schwächsten Verkehrsteilnehmer und deshalb ist es um ihre Sicherheit oft schlecht bestellt. Diesem Thema und der Verbesserung der Verkehrssicherheit von Fußgängern und Radlern widmet sich ein Report des international tätigen Dienstleistungsunternehmens DEKRA. Der Bericht schildert, warum und wodurch Fußgänger und Radfahrer besonders gefährdet sind und zeigt auf, welche Maßnahmen helfen können, mehr Sicherheit zu garantieren.

Physik, Infrastruktur und Faktor Mensch
Der Grund dafür, dass Unfälle mit Fußgängern und Radfahrern oft tragisch enden, liegt ganz einfach darin, dass die Verkehrsteilnehmen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, nicht wie die Pkw-Fahrer durch Fahrgastzelle, Sicherheitsgurt und Airbag geschützt werden. Bei dem Zusammenprall mit einer Motorhaube werden auch schon bei geringen Geschwindigkeiten große Kräfte frei. Noch schlimmer ist der Aufprall auf der Straße, wo keine nachgiebigen Materialien und Knautschzonen den Aufprall dämpfen.
Als weiterer Risikofaktor werden im DEKRA Verkehrssicherheitsbericht Mängel in der Straßeninfrastruktur definiert: Unübersichtliche Kreuzungen, mangelnde Straßenbeleuchtung und fehlende oder mangelhafte Radwege sind die Ursache für viele Unfälle. Als drittes darf auch der Faktor Mensch nicht außer Acht gelassen werden: Die Fußgänger und Radfahrer sind sich ihrer Rolle als schwächste Verkehrsteilnehmer oft nicht bewusst. Selbstüberschätzung und Fehlverhalten sind deshalb oft Mitschuld an Unfällen. Ein Problem, das alle Verkehrsteilnehmer betrifft ist mangelnde Rücksichtnahme und aggressives Verhalten. Viele Menschen neigen dazu, Frustrationen welcher Art auch immer, im Verkehr abzureagieren. Dann wird geblinkt, gehupt, ein Vogel gezeigt, geschimpft, getobt oder sogar tätlich angegriffen. Laut DEKRA-Report werden zwischen einem und zwei Drittel der Verkehrsunfälle durch aggressive Verhaltensweisen verursacht.

Erhöhtes Risiko
Unter allen Fußgängern und Radfahrern sind Kinder unter 15 und Senioren ab 65 Jahren besonders gefährdet, Opfer von Unfällen zu werden. In Spanien wurden 2008 zum Beispiel 32 Kinder und 227 Senioren als Fußgänger oder Radfahrer bei Unfällen getötet. Während bei Kindern mangelnde Kenntnis der Verkehrsregeln, Unaufmerksamkeit und schlechte Übersicht das Risiko erhöhen, sind ältere Fußgänger und Radfahrer deshalb besonders gefährdet, weil ihre Reaktionszeit oft länger ist und sie Schwierigkeiten beim Überqueren von breiten Straßen haben.
Erhöhtes Risiko herrscht auch nachts. Die Gefahr in einen Unfall verwickelt zu werden, ist nachts zwei- bis dreimal so hoch wie am Tag. So sind im Jahr 2009 in Spanien 39 Prozent der tödlichen Unfälle nachts passiert. Mangelnde Beleuchtung der Straße und dunkle Kleidung von Fußgängern und Radfahrern führen dazu, dass diese erst in letzter Sekunde gesehen werden, dann, wenn es schon zu spät zum Bremsen ist.

Mehr Sicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmer
Bereits im Zeitraum von 2001 bis 2010 hat die Europäische Union im Rahmen eines speziellen Aktionsprogrammes dazu aufgerufen, die Zahl der Verkehrstoten zu halbieren. Spanien kam diesem Ziel mit einem Minus von 40,7 Prozent am nächsten. Trotzdem gibt es noch viel zu tun und auch von Seiten der EU gibt es einen neuen Aufruf: Eine nochmalige Halbierung bis 2020 ist angestrebt. Doch wie kann das geschafft werden? Der DEKRA Verkehrssicherheitsbericht hebt die wichtigsten Maßnahmen hervor.
Zum einen können rechtliche Grundlagen die Situation entschärfen: Mehr Tempo 30-Zonen, strikte Strafen bei Tempoüberschreitungen und ausreichend Kontrollen sind ein Weg, um Unfälle von vorn herein zu vermeiden und das Bewusstsein der Autofahrer zu schärfen. Ein weiterer Weg sind Verbesserungen in der Straßeninfrastruktur: Mittelinseln, akustische Ampelsignale oder abgesenkte Bordsteine, übersichtliche Fußgängerübergänge mit guter Beleuchtung und der Ausbau von Radwegen machen das Nebeneinander von Fußgängern, Radfahrern und motorisierten Verkehrsteilnehmern einfacher und Unfälle unwahrscheinlicher. Auch die Automobilindustrie kann zur Stärkung der Sicherheit auf der Straße beitragen. Von Fahrerassistenzsystemen wie Bremsassistent, Kollisionswarnung oder Nachtsichtsysteme, profitieren gerade Fußgänger und Radfahrer. Dazu kommen als passive Schutzmaßnahmen optimierte Frontpartien und flexible Motorhauben, die dazu beitragen, dass Verletzungen von Fußgängern oder Radfahrern nicht ganz so schwer ausfallen. Zum guten Schluss ruft der DEKRA-Bericht aber auch die Verkehrsteilnehmer selbst in die Pflicht: Regelkonformes Verhalten, kontrastreiche Kleidung, gut ausgestattete Fahrräder und vor allem gegenseitige Rücksichtnahme sind der beste Weg, um Unfälle zu vermeiden.

Über DEKRA
DEKRA ist ein weltweit tätiges Dienstleistungsunternehmen, zum Service von DEKRA gehören unter anderem Fahrzeugprüfungen, Schadengutachten, unfallanalytische und technische Gutachten sowie Sicherheitsprüfungen. In Deutschland, wo das Unternehmen seinen Stammsitz hat, ist DEKRA die größte Prüfgesellschaft und auch weltweit zählt das Unternehmen zu den Größten. DEKRA ist heute in 50 Ländern aktiv, darunter auch in Spanien. Der Verkehrssicherheitsbericht ist ein Beitrag zur Steigerung der Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern, der Report soll Impulse geben und Denkanstöße liefern. DEKRA Spanien arbeitet auch mit Schulen zusammen und versucht so schon bei den Kleinsten das Bewusstsein für ein verantwortungsvolles und sicheres Verhalten im Straßenverkehr stärken.
Mehr Infos: http://www.dekra-expert.es/es/

Kommentare (0) :

Artikel kommentieren
Artikel-Archiv
  • 07.03.2024 [Kommentare: 0]

    Spanien auf dem Weg zu sichereren und umweltfreundlicheren Straßen: Neue Regeln im Überblick

    Das Jahr 2024 bringt für Autofahrer in Spanien eine Vielzahl von Neuerungen im Straßenverkehr mit sich. Von der Einführung digitaler Dokumente bis hin zu Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität - die Veränderungen haben das Ziel, die Sicherheit zu erhöhen, die Umweltbelastung zu verringern und den Umgang mit Verkehrsangelegenheiten .. Artikel weiterlesen

  • 06.02.2023 [Kommentare: 2]

    Führerschein in Spanien

    Als EU-Bürger kann man in Spanien, genauso wie in anderen EU-Ländern, den Führerschein machen. Um sich für eine Führerscheinprüfung anzumelden, gelten bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen: • Mindestalter: 18 Jahre • Gültiger Personalausweis oder Reisepass • Nachweis über die Aufenthaltserlaubnis (NIE) in Spanien (mind. 6.. Artikel weiterlesen

  • 20.05.2022 [Kommentare: 0]

    Das neue Verkehrs- und Verkehrssicherheitsgesetz im Überblick

    Seit Ende April dieses Jahres hat sich einiges auf den Straßen Spaniens geändert – das neue Verkehrs- und Verkehrssicherheitsgesetz tritt mit schärferen Regeln und höheren Strafen in Kraft. Die vergebene Punktzahl bei Widrigkeiten schnellen in die Höhe, wie z.B. wenn man vom Mobiltelefon am Steuer Gebrauch macht oder es auch nur in der .. Artikel weiterlesen

  • 15.01.2018 [Kommentare: 0]

    Ummeldung eines Autos „zwischen“ Deutschland und Spanien

    Laut Zahlen von 2012 lassen jedes Jahr Bürger und Unternehmen in der EU etwa 3,5 Millionen Fahrzeuge in einem anderen Mitgliedstaat zu. Im Jahr 2012 begann ein Projekt, mit dem die EU-Kommission die Regeln zur Kfz-Zulassung in allen EU-Mitgliedsstaaten vereinheitlichen und vereinfachen wollte. Die EU-Kommission bezifferte das.. Artikel weiterlesen

  • 03.07.2017 [Kommentare: 0]

    Barcelona mit dem Smartphone entdecken: nützliche Apps für Alltag und Freizeit – Teil 1: Transport

    Längst nutzen wir das Handy für weit mehr als nur zum Telefonieren und Nachrichten schreiben. Beinahe täglich werden neue Programme und Funktionen für unsere intelligenten Smartphones entwickelt. Einige davon können für das Leben oder den Besuch in einer Großstadt wie Barcelona sehr nützlich sein. So sind sie etwa bei der Fahrt mit den.. Artikel weiterlesen

  • 22.05.2017 [Kommentare: 1]

    Die Zulassung von Blablacar in Spanien

    Weswegen wurde Blablacar in Spanien zugelassen? Spanische Busunternehmen forderten die Schließung von Blablacar, weil weder die Verantwortlichen der Plattform noch deren Nutzer die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes (normativa de transporte terrestre) einhalten. Gemäß dieser Vorschriften bedarf es einer behördlichen Genehmigung, um.. Artikel weiterlesen

  • 13.01.2017 [Kommentare: 0]

    Madrid gewinnt europäischen Preis für innovative Mobilitätslösungen

    Der europäische Innovationspreis „Thinking Cities“, einer Auszeichnung für neuartige Maßnahmen zur Verbesserungen der urbanen Mobilität, ging kürzlich an die Stadt Madrid. Mit dem Preis, verliehen von der gleichnamigen Zeitschrift für Verkehrsprojekte sowie dem europäischen Städtenetzwerk Polis (European Cities and Regions Networking.. Artikel weiterlesen

  • 03.01.2017 [Kommentare: 0]

    Uber lanciert die Einführung von Elektroautos der Marke Tesla

    Haben Sie schon einmal von “Uber” gehört? Allen, die sich im Online-Dienstleistungsbereich auskennen, ist es sicher ein Begriff. Für alle anderen: Uber ist ein amerikanisches Dienstleistungsunternehmen mit Sitz in San Francisco, das 2009 gegründet wurde. Es bietet in vielen Städten der Welt Online-Vermittlungsdienste zur.. Artikel weiterlesen

  • 07.12.2016 [Kommentare: 0]

    Barcelona: Neues Verkehrskonzept durch Superblocks

    Tagtäglich schieben sich Blechlawinen durch die Straßen Barcelonas und quälen die katalanische Hauptstadt mit enormer Luftverschmutzung und Autolärm.Als eine der am stärksten von Pendlerstaus betroffenen Städte Spaniens, hat die Stadt nun ein neues, ambitioniertes Verkehrskonzept erarbeitet, das den Verkehr in der Touristenmetropole b.. Artikel weiterlesen

  • 09.11.2016 [Kommentare: 0]

    Wie gut ist der öffentliche Nahverkehr? Grossstädte im Vergleich

    Jede Minute zählt, wenn man morgens versucht, den nächsten Bus oder Zug zu erwischen. Daher ist Moovit, erst vor knapp einem Jahr an den Start gegangen, genau das richtige Tool, um zu wissen, ob man noch Zeit hat für einen kurzen Kaffee auf dem Weg oder nicht. Denn weltweit ist Moovit die führende ÖPNV-App mit den umfangreichsten Daten.. Artikel weiterlesen