NUTZWERT: Thematische Stadtführungen

18.02.2009 - Julia Macher 

Kaum einer weiß es, aber die die „ewige Zweite“ im spanischen Städteranking ist einer der beliebtesten Drehorte des Landes: 300 abendfüllende Filme verzeichnet die barcelonesische Statistik. Sowohl einheimische Größen wie internationale Autorenfilmer wählten die Mittelmeermetropole als Kulisse; Woody Allen hat der mediterranen Schönen jüngst mit der erfolgreichen Komödie „Vicky Cristina Barcelona“ seine Reverenz erwiesen.

„Barcelona hat nicht nur sehr viele - für Außenaufnahmen wichtige - Sonnenstunden, in der Stadt finden sich von der Romanik über die Gotik bis zur Postmoderne auch alle wichtigen architektonischen Stile, die sich Regisseure wünschen“, sagt Branchenkennerin Cristina Belenguer. „Außerdem ist es billiger hier zu drehen als in Frankreich“. Die einheimische Kulturveranstalterin hat für die Agentur Icono Serveis die Stadtführung „Barcelona de cine“ konzepiert. Die Klappe für die zweiundhalbstündige Tour fällt vor der Kolumbusstatue am Hafen. Das Monument ist nicht nur eines der am häufigsten gefilmten der Stadt, sondern außerdem zentral am Fuße der Ramblas gelegen und insofern ideal für einen cineastischen Stadtspaziergang. Von dort aus geht es weiter in den Born, zur Plaza Duc de Medinaceli. Auf dem palaisgesäumtem Platz mit dem Neptunbrunnen in der Mitte begegnete in „Alles über meine Mutter“ Penelope Cruz als aidskranke Ex-Nonne ihrem Vater.

Ein paar Schritte weiter, auf der Plaza de la Mercè, kippte Tom Tykwer zwei Tonnen stinkenden Fisch aufs Kopfsteinpflaster; der Platz sollte so glaubhaft wie möglich die wenig heimelige Geburtsstätte des Geruchsgenies Grenouille verkörpern. In „Das Parfüm“ spielt Barcelona das Paris und Grasse des 18. Jahrhunderts - und das dank der vielen verwinkelten Gassen, der arkadengesäumten Plätze und der nostalgischen Geschäfte recht überzeugend. Die Herbosteria del Rey an der Plaza Reial etwa mimte das Geschäft des Parfümeurs Baldini, bei dem Grenouille in die Lehre geht. In dem Ladenlokal von 1826 duftet es nach Lavendel, Eukalyptus und Salbei. Normalerweise verkauft Joan an dem mit Holzschnitzereien verzierten Tresen Kräutertees, heute zeigt er den Filmtouristen stolz die beiden Parfümfläschchen „Amor und Psyche“, die ihm das Team als Souvenir dagelassen hat. „Zum Drehen brauchten sie nur zwei Tage, aber um das Geschäft in eine Parfümerie zu verwandeln ganze acht,“ erzählt er. „Jede einzelne Ampulle wurde auf historische Authentizität überprüft“.

Woody Allen hat auf Authentizität weniger Wert gelegt als auf hübsche Postkartenmotive. Sein Barcelona besteht genau aus dem, was Touristen bei einem Eintages-Trip kennenlernen: Gaudí, den Ramblas und dem Traditionslokal Quatre Gats, einer letzten Stationen von Belenguers Tour. „Böse Zungen behaupten, dass Allen nur an den Orten gefilmt hat, die in einer fünfminütigen Taxifahrt zu erreichen waren“, erzählt Belenguer lachend. Jeder Regisseur habe eben seine ganz eigene Vision von Barcelona. Auf eine ist sie schon ganz besonders gespannt. Im Herbst hat der Mexikaner Alejandro González Iñarritu mit Javier Bardem in der Stadt gedreht. Wenn sein Film „Biutiful“ in die Kinos kommt, wird sie die Drehorte natürlich in ihre Tour mit einbauen.

Mehr Info:
www.iconoserveis.com oder telefonisch unter 93 410 1405.
Der Preis pro Führung beträgt 16 Euro. Christina Belenguer spricht neben Spanisch und Katalanisch auch Deutsch und Englisch.

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