SERIE: Deutsche Unternehmer in Katalonien

19.04.2012 -  

1. Was macht Ihr Unternehmen?

Nun, ich habe gar kein Unternehmen: ich bin freiberuflicher Journalist. Und der Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln Barcelona ist ein gemeinnütziger Verein, in dem wir ehrenamtlich tätig sind. Wir setzen die Freundschaft und bald dreißigjährige Städtepartnerschaft zwischen den Bürgern auf der unpolitischen Ebene um. Dabei helfen wir wo wir das können. Und das eben ehrenamtlich. Einmal im Jahr kommt eine Delegation nach Barcelona zu Besuch, dann wieder eine Gruppe aus Barcelona nach Köln, es gibt Kulturveranstaltungen, Lesungen, Konzerte, Ausstellungen u. Ähnliches, bei dem wir den Weg ebnen. Ein Partnerverein dazu befindet sich in Les Corts und ist eigentlich ein Kammerchor mit Theatergruppe, der ICC Les Corts. Die Präsidentin unseres Vereins Köln-Barcelona heißt Angela Kanya. Eingehende Informationen und den direkten Kontakt gibt es im Internet unter http://koelnbarcelona.wordpress.com/


2. Wie entstand Ihre Unternehmensidee?

Die Idee zur Städtepartnerschaft entstand auf dem europäischen Städtetag, auf dem sich unsere Oberbürgermeister, damals Norbert Burger und Pascual Maragall, persönlich anfreundeten. Es war die erste Städtepartnerschaft nach dem Franco Regime und ist bis heute die am intensivsten gepflegte Partnerschaft, weil unser Verein die Politiker beider Seiten immer wieder zu Aktivitäten motivieren kann.
Wir informieren regelmäßig auf unserer Webseite, im Blog (http://koelnbarcelona.wordpress.com) und bei Facebook (http://de-de.facebook.com/koeln.barcelona) sowie Twitter(@Barcelona4U) über aktuelle Aktivitäten.


3. Warum haben Sie sich in Katalonien/Spanien niedergelassen?

Das wiederum hat private Gründe: beruflich und privat war ich viel unterwegs und drauf und dran, meinen Lebensmittelpunkt nach Buenos Aires zu verlegen. Aber es zog mich immer wieder nach Europa. Deutschland hat allen Images zum Trotz dann doch nicht die Attraktivität, die ich meine und ich fand in Barcelona den idealen Kompromiss. Barcelona ist neben Amsterdam eine der wenigen wirklich europäischen Städte mit reichlich Nährboden für kreative Berufe. Hier in Barcelona sind die Kreativen aus aller Welt. Wenn deren Ideen dann erfolgreich sind, landen sie in Madrid, Paris, London, Rom oder Berlin.
Hinzu kommt der Erfolg der überwiegend hier ansässigen, ebenfalls kreativen Köche, über die ich gerne in deutschen Fachzeitschriften berichte.


4. Was war für Sie größte Herausforderung zu Beginn?

Vielleicht, den Menschen beizubringen, dass Deutsche viel Lust am Leben und Feiern haben. Das Image des "Ohne-Verstand-Gehorsamen", ewig grölenden Betrunkenen in kurzen Hosen auf Adiletten in weißen Socken verfolgt uns Deutsche von Mallorca aus recht nachhaltig. Das ist anstrengend.
Dabei haben wir eine Menge mehr zu bieten als dieses Bild des Deutschen so hergibt.
Dank der Besuche von Katalanen im Kölner Karneval gelingt die Image-Besserung langsam.


5. Sprechen Sie Katalanisch/Spanisch?

Spanisch und ein wenig Katalanisch.


6. Wo entstehen die meisten geschäftlichen Kontakte?

Durch soziale Kontakte


7. Wie wirkt sich die verordnete Zweisprachigkeit auf Ihre Firma aus?

Gar nicht.


8. Was raten Sie jemanden, der in Katalonien/Spanien eine Firma gründen will?

Jemanden zu fragen, der sich damit auskennt: Albert Peters und seine Kollegen vom Kreis deutschsprachiger Führungskräfte z. B. oder die Leute von Xarxa Formació Professional, um ein paar Stichworte zu geben. ( http://www.kdf-online.org/ oder http://xarxafp.org/)


9. Welcher Unterschied zu Deutschland fällt Ihnen hier am meisten auf?

Dass wir Deutsche die weltweite Lage gerne durch eine rosa Brille betrachten. Getrickste Statistiken und politische Durchhalte-Parolen lassen uns an eine Stärke glauben, die wir längst an die Chinesen abgegeben haben. Aber wir glauben unseren Politikern und sind uns gar keines Problems bewusst.
Die Spanier haben zwar auch keine Lösungen, sind aber realistischer: Sie wissen, dass ihre Lage problematisch ist. Dieses Problembewusstsein ist demzufolge auch einen Schritt voraus bei der Lösung.


10. Was mögen Sie besonders an den Katalanen/Spaniern?

Sie können besser „abschalten“ als wir Deutsche. Daher ist die Lebensqualität im Hier und Jetzt einfach etwas „leichter“. Man nimmt sich nicht ganz so wichtig. Und ganz zu schweigen von der Fertigkeit, Cava herzustellen und zu geniessen - ohne Sektsteuer!


11. Gibt es etwas, das Sie hier stört?


Der Neo-Nationalismus. Nationalismus hat der Welt in der Vergangenheit nichts Gutes gebracht und wird es auch in Zukunft nicht. Probleme, die uns eine seit Jahrzehnten international, sogar global, aufgestellte Wirtschaft eingebrockt hat, werden wir nicht in Katalonien oder in Deutschland lösen können. Dazu brauchen wir mehr Gemeinsamkeit und Internationalität.


12. Nennen Sie uns einige deutsche Marotten, die Sie nicht ablegen können.

Ich mag es, wenn was funktioniert. Meine Wohnung ist die einzige im Haus, die Erdungskabel und Sicherheitsnormen auf deutschem Niveau hat.
Und die typische Marotte, mich anzupassen, zu integrieren. Italiener oder Spanier sind überall auf der Welt Italiener oder Spanier zum Beispiel. Deutsche sind neugierig auf die Küche, die Weine, die Musik und die Tänze der Anderen. Wir fallen nach 2 Wochen im Land nicht mehr auf und wollen schon gar kein Tourist sein… irgendwie bemerke ich das bei mir auch.


13. Können Sie ein Restaurant/ Bar empfehlen?

Das Suborn, das Santa Maria, Tapeo del Born, espai Sucre,Tickets, Mey Hofmann, ShoJiro, Don Bratwurst… einfach zu viele interessante Restaurants, als es möglich wäre nur eines zu benennen.


14. Haben Sie eine Hotelempfehlung?

Banys Orientals, Hotel Neri, Ciutat, auch hier: zu viele tolle Hotels. Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen und wo aufhören soll. Fragen Sie mich doch einfach, wenn sie einen persönlichen Bedarf haben. So kann man am ehesten Budget und Anspruch mit einem Tipp gerecht werden. Meine Webseite hierfür: ht.ly/1IJDIN


15. Was ist Ihr liebster Platz in Barcelona?

Der Strand und der Passeig del Born.


16. Was vermissen Sie am meisten aus Ihrer Heimat?

Meine Freunde. Gut, dass meine Freunde aus Barcelona mich da so toll ablenken, dass ich darüber nicht traurig bin. Und gut, dass die Verbindungen ins Rheinland besser funktionieren als der Nahverkehr in Köln! So kommen die deutschen Freunde gerne zu Besuch.

Das Interview wurde von Eva Centellas durchgeführt.

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