Spanien in der Krise "Man wirft uns raus!" (Teil 2)

18.10.2013 - manager-magazin.de 

2. Teil: Leben auf Kosten der Eltern und Großeltern

Nicht weniger als 82 Prozent aller jungen Spanier suchen zurzeit eine Stelle im Ausland, ermittelte das Arbeitsvermittlungsportal Trabajando.com in einer Umfrage unter 2300 Arbeitslosen und Beschäftigten. Víctor stand bereits mit gepackten Koffern auf dem Madrider Barajas-Flughafen, wollte einem Freund nach Berlin folgen, entschied sich aber in letzter Minute für eine bequemere Alternative: "Ich bin wieder bei meinen Eltern eingezogen, die freuen sich doch", beteuert der 34-Jährige im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Er war 2010 zusammen mit Dutzenden Kollegen von einer Bank gefeuert worden, dann erlitt er mit einer Tapas-Bar in Madrid Schiffbruch - und nun steht er ohne Job und mit 45 000 Euro Schulden da.

"Ich habe auch viele Freunde und Studienkollegen, die heute vor allem in Berlin und London leben oder wieder zu den Eltern, die nicht selten in kleinen Kaffs auf dem Lande leben, gezogen sind", erzählt Sara. Sie selbst habe im Frühsommer nach einem Masters-Abschluss und dem Ende eines Stipendiums erwogen, bei Papa und Mama in Galicien Zuflucht zu suchen. "Wenn du Hunderte Lebensläufe abschickst oder persönlich abgibst, und kaum eine Antwort kommt, wirfst du schnell das Handtuch", sagt sie. Inzwischen habe sie aber ein neues Stipendium erhalten, mit dem sie sich die WG leisten könne. Die Hälfte ihres Einkommens geht allein für das Zimmer drauf. "Ich habe Glück, dass meine Eltern und Opa mich finanziell unterstützen", räumt sie ein.

Wie die meisten ihrer Generation muss Sara die Ausgaben für Freizeit, wie sie sagt, "deutlich zurückschrauben". Da ist es nur logisch, dass der Bierkonsum in Kneipen und Restaurants Spaniens in den ersten sechs Monaten 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 20 Prozent zurückging. Der Besuchereinbruch bei Kinos und Restaurants war ähnlich stark. Discos und Bars machten zu Zehntausenden dicht. "Low-Cost"-Bars und -Konzerte feiern dafür Hochkonjunktur. Partytyp Víctor sagt: "Früher bin ich viermal die Woche ausgegangen, heute ist nur ab und zu mal die (Billig-)Cervecería "100 Montaditos" drin."

Während die konservative Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy in der Sparwelle auch die Mittel für Stipendien und Bildungseinrichtungen kürzt, fürchten viele um die Zukunft des Landes. "Junge Menschen haben bei uns keine Zukunft mehr. Wenn nicht schnell eine Lösung gefunden wird, werden wir eine verlorene Generation beweinen müssen", klagte die Biochemikerin Margarita Salas, Mitglied des staatlichen Forschungsorgans CSIC im Interview der Zeitung "El Mundo". Man müsse befürchten, dass viele der jungen Auswanderer nie wieder nach Spanien zurückkehren würden.

1. Teil hier.

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