Zukunft der Abgeltungssteuer in Deutschland

24.11.2015 - Philipp Dyckerhoff 

Am 1.1.2009 wurde in Deutschland die Abgeltungssteuer für Kapitalerträge eingeführt. Seitdem wurden Zinsen, Dividenden und Kursgewinne und ggfs. andere Kapitalerträge mit einer pauschalen Steuer von 25% zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag und ggfs. Kirchensteuer (8% oder 9% Kirchensteuer, je nach Bundesland) besteuert und nicht mehr mit dem individuellen Steuersatz (maximal 42% zzgl. Solidaritätszuschlag und ggfs. Kirchensteuer).

 

Ein Grund für die Einführung der Abgeltungssteuer damals war, den Anreiz für Steuerehrlichkeit zu fördern: durch geringere Steuerbelastung erhoffte sich die Bundesregierung mehr Steuerehrlichkeit bei ausländischen Kapitalerträgen. „Besser 25 Prozent auf X als 42 Prozent auf Nix“ war damals die Begründung des Finanzministers Peer Steinbrück, die pauschale Besteuerung auf Kapitalerträge einzuführen. Idealisten dachten, dass die Abgeltungssteuer auch im Sinne einer Vereinheitlichung der Steuersysteme innerhalb der EU eingeführt wurde. So gibt es in verschiedenen EU-Ländern eine Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge, z.B. auch in Spanien: bis 6.000 Euro 20% (19%), zwischen 6.001 Euro und 50.000 Euro 22% (21%) sowie über 50.000 Euro 24% (23%). Die Zahlen in Klammern stellen die Werte ab 2016 dar, im Rahmen der spanischen Steuerreform von 2015 wurde die Abgeltungssteuer in Spanien 2015 etwas reduziert und 2016 nochmals. Die Abgeltungssteuer in Spanien ist also geringer als die in Deutschland, im Gegensatz zu den persönlichen Steuersätzen, welche in Spanien auch nach der letzten Senkung zum 1.1.2015 weiterhin höher sind als in Deutschland.

 

Nun gibt es seit geraumer Zeit in Deutschland die Diskussion, die Abgeltungssteuer abzuschaffen und Kapitalerträge wieder mit dem persönlichen Steuersatz zu besteuern. Diese Diskussionen wurden zuletzt immer konkreter. Ein wesentlicher Grund ist das für 2017 geplante Gesetz zum Austausch von Konto-Informationen mit Partnerländern in aller Welt. U.a. wollen auch Länder wie Liechtenstein, die Cayman-Inseln und die Bermudas, die bis zuletzt als sogenannte Steueroasen galten, daran teilnehmen. Auch die Schweiz hat ihre Teilnahme ab 2018 zugesagt. Durch den faktischen Wegfall des Bankgeheimnisses braucht dann ja kein Anreiz mehr für Steuerehrlichkeit geschaffen zu werden.

 

Sicher ist die Abschaffung allerdings noch nicht. Es wird auch darüber diskutiert, die Abgeltungssteuer zu erhöhen. Für Europa jedenfalls wäre es ein gutes Signal, wenn zumindest die Besteuerungssysteme weiterhin einheitlicher werden, auch wenn die Steuersätze in jedem Land wahrscheinlich noch sehr lange unterschiedlich bleiben werden.

 

Generell sollten die Deutschen in Spanien darauf achten, dass sie ihre ausländischen, meist deutschen Kapitalerträge, auch in Spanien korrekt in ihrer spanischen Steuererklärung angeben. Wer in Spanien unbeschränkt steuerpflichtig ist, also mit dem so genannten Welteinkommen in Spanien versteuern muss, sollte darauf achten, dass er/sie bei seiner/ihrer Bank in Deutschland als Steuerausländer gemeldet ist. Wenn die Bank in Deutschland jemanden, der in Spanien unbeschränkt steuerpflichtig ist, weiterhin als Steuerinländer führt, wird in Deutschland die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge von der Bank automatisch ans deutsche Finanzamt abgeführt. Trotzdem befreit einen das nicht, in Spanien die Kapitalerträge zu versteuern. Die nachträgliche Beantragung der Erstattung der Abgeltungssteuer in Deutschland ist theoretisch zwar möglich, aber recht aufwändig.

 

Philipp Dyckerhoff, pd@pecuniaconsult.com

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